Wiener Theater-Repertoir

Diese Serie wurde von Johann Baptist Wallishausser II. begründet, von Joseph Klemm (bzw. von dessen Angestellten Leopold Rosner) weitergeführt und von Adolph Künast zwar zunächst fortgesetzt, jedoch nach der Herausgabe von nur etwa eineinhalb dutzend Heften eingestellt. Im Verlauf von insgesamt 33 Jahren erschienen insgesamt 383 Titel, davon einige in weiteren Auflagen. Auffällig ist, dass im Jahr 1856 keine, und 1857 nur sehr wenige Neuerscheinungen festzustellen sind, während in der Zeit ab 1872, als das „Wiener Theater-Repertoir“ von einem ähnlichen, von Leopold Rosner konzipierten Reihenwerk „Neues Wiener Theater“ konkurrenziert wurde, keine Abnahme der Produktion erkennbar ist. Dies ist insoferne bemerkenswert, als Rosner vor der Gründung seines eigenen Geschäftes und Verlages auf der Lohnliste der Wallishausserschen Buchhandlung stand und es sein Aufgabenbereich war, sich um die Herausgabe des „Wiener Theater-Repertoirs“ zu kümmern. Leopold Rosner erinnerte sich: „Bald darauf übertrug mir Herr Klemm die Redaktion des „Wiener Theater-Repertoire“, die ich länger als zehn Jahre führte. Ich hatte die Stücke herbeizuschaffen, Korrekturen zu lesen und so weiter. Für diese Arbeit erhielt ich – nichts. Die Autoren erhielten auch nichts. Höchstens Freiexemplare. Nur Friedrich Kaiser und O. F. Berg wurden mit fünfundfzwanzig Gulden für jedes Stück ein für allemal honoriert. Als nun Nestroys ‚Jux‘ vergriffen war, und ich diese lustige Posse auf Wunsch des Verlegers in die Sammlung aufgenommen hatte, sagte mir dieser: ‚Nestroy hätte eigentlich für jede neue Auflage laut Vertrag zwanzig Gulden bekommen, aber das kann man ihm nicht geben.‘ – ‚Warum nicht, da es ihm zukommt?‘ – ‚Der Vertrag ist fünfundzwanzig Jahre alt. Heute ist Nestroy eine Kapazität und ein reicher Mann, dem kann man nicht mit zwanzig Guden kommen!‘ – ‚Wenn es ihm gebührt? Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen. Nestroy hat übrigens ein Stück geschrieben ,Heimliche Liebe und heimliches Geld’ – er soll für heimliche zwanzig Gulden immer Verwendung haben.‘ – ‚Nein, nein, das geht nicht. Lassen Sie ein Exemplar hübsch binden und bringen Sie es ihm hinüber. Sie werden ja hören, was er sagt.‘ – Und so ließ ich mich eines Tages beim meinem Direktor melden. Die neue Auflage und der hübsche Einband machten ihm Freude. Er dankte sehr artig. Erst später erfuhr ich, daß der doppelspaltige Druck seinem Geschmack nicht zusagte. Ich hatte mich für diesen Besuch durch zwei literarische Kuriosa, die ich mitbrachte, besonders präpariert. Einen holländischen Antiquariatskatalog, der eine schwedische Übersetzung von Nestroys ‚Unverhofft‘ verzeichnete, und eine amerikanische Zeitung, aus der ersichtlich war, daß Direktor Szwierzina in Detroit, im Staate Michigan, den „Lumpaci“ aufführen ließ. Das machte ihm sichtlich große Freude. ‚Ja, der Lumpaci!‘ sagte er mit einem geradezu schwärmerischen Blick in das große amerikanische Zeitungsblatt. ‚Der Hofopernsänger Hölzel, dessen Frau, die Molly, die Schwester vom Gerstäcker is, hat mir g’sagt, daß sein Schwager den ,Lumpaci’ in Australien g’sehen hat, und ein andrer Bekannter hat einen Freund in Amerika, und der hat ihm g’schrieben, daß meine Stück’ in St. Louis und in Philadelphia aufg’führt worden sind. Ja, da bin ich Ihnen sehr dankbar, ich muß’s gleich der Frau zeigen.‘ Die Honorarfrage wurde gar nicht besprochen. Entweder wußte er gar nicht, daß er überhaupt etwas beanspruchen durfte, oder er genierte sich, dieses Thema zu berühren. Daß auch der ‚Lumpaci‘ im ‚Wiener Theater-Repertoire‘ erschienen war, wußte er nicht. Ich hatte, als ich ihn verließ, die Empfindung, daß er sich über die amerikanische Zeitung kindlich freute.[Rosner, Leopold: Schatten aus dem alten Wien. Berlin: Meyer & Jessen, 1810, S. 165f.]

Wer nach Rosners Abgang die Betreuung der Produktion dieser Serie übernahm, und dies durchaus mit Erfolg und ohne erkennbare Lücke der Produktion, wie das zügige Fortschreiten beweist, konnte nicht eruiert werden. Das erste bei Josef Klemm erschienene Heft ist die Nr. 42, er setzte die Reihe ununterbrochen bis zur Nr. 358 fort, ferner sind ihm noch die Nrn. 360 bis 362 und 370 bis 374 (bis zum Jahr 1881) zuzuordnen. Ab 1882 setzte A. W. Künast die Reihe mit den Nrn. 359, 360, 363–369 sowie ab der Nr. 375 fort. Für die älteren Hefte erhöhte Künast ab dem 1. September 1882 den Preis, nachdem bereits 1876 Klemm eine entsprechende Preiskorrektur vorgenommen hatte.

Am Vorderumschlag werden recto in einer Rahmenverzierung Autor und Titel des Stückes genannt, das Impressum gibt zumeist auch das Erscheinungsjahr an. Verso und am Hinterumschlag finden sich stets Hinweise auf die nächsten oder letzten Titel der Reihe. Nur bei den Heften 251–268 umschließt der Rahmen nur den oberen Teil des Vorderumschlages, während im unteren der Text der Verlagsreklame beginnt. Ein eigenes Titelblatt war häufig nicht vorgesehen, sodass die gelben Umschlagseiten in diesen Fällen die Funktion des Titelblattes mitübernehmen. Eine verlagsmäßige Bindung mit harten Buchdeckeln gab es nicht. Wenn im Falle einer Privatbindung von Einzelheften oder bei der Herstellung von Sammelbänden die vordere Umschlagseite nicht mitgebunden wurde, fehlt der einzige Datierungshinweis. In nachgebundenen Exemplaren wurden am unteren Seitenrand oft die Druckvermerke weggeschnitten, sodass zur Eruierung des Druckers die Originalhefte zu Rate gezogen werden müssen. Die Beibindung der Verlagsanzeigen schwankt in den privat oder von öffentlichen Bibliotheken gebundenen Exemplaren, sodass sich für deren Ermittlung gleichfalls nur originalbroschierte Hefte als tauglich erweisen.
Alle erschienenen Hefte wurden mit einem gelben Originalumschlag mit Zierrahmen ausgestattet. Auch die Originalumschläge der Hefte anderer Theater-Verlage waren gelb eingefärbt und mit einem (von Verlagshaus zu Verlagshaus unterschiedlichen) Zierrahmen versehen, so etwa „Das Theater des Auslandes“, „Die Deutsche Schaubühne“ (Hrsg.: Martin Perels und Feodor Wehl), „Eduard Bloch’s Volks-Theater“ des gleichnamigen „Theater-Buchhändlers“, die „Theater-Mappe“ der Theaterbuchhandlung A. Kühling, oder die Operntexthefte von B. Schott’s Söhnen in Mainz. Im Jahr 1858 begann in Hamburg bei Berendsohn, möglicherweise nach dem Wiener Vorbild, ein „Hamburgisches Theater-Repertoire“ zu erscheinen, von dem zumindest zwei Nummern nachweisbar sind.

Die Zierrahmen der verschiedenen Drucker des Theater-Repertoirs unterscheiden sich, sodass sie zur Zuordnung an einen bestimmten Drucker herangezogen werden können, falls der Druckvermerk fehlen sollte oder aufgrund des Fehlens des hinteren Umschlages nicht eingesehen werden kann.
Die Drucker, soweit bekannt, sind in der folgenden Tabelle vermerkt. Leopold Sommer bzw. die Nachfolgefirma Leopold Sommer und Companie betrieb auch in eigener Regie einen Verlag von Theaterstücken und war somit ein Konkurrent Wallishaussers auf diesem Gebiet. Bei einem Stück, Bergs [=Ebersbergs] „Ein Wiener Dienstbote“, musste Sommer für Wallishausser zehn Jahre nach dem Erscheinen des eigenen Druckes im Jahr 1857 eine Ausgabe für das „Wiener Theater-Repertoir“ (Nr. 186, 1867) herstellen. Auch W. Heinrich von der Mechitharisten-Buchdruckerei und Anton Schweiger waren selbst Verleger von Theaterstücken.
Nur an der Typographie des Druckbildes des Heftes allein sollte eine Unterscheidung zwischen den Offizienen von Wallishausser und Sommer nicht getroffen werden, da die Wallishausser-Druckerei ihre Schriften offensichtlich von Sommer bezogen hat. Nur der Zierrahmen kann, wie vorhin erwähnt, als Unterscheidungsmerkmal herangezogen werden.

Hinweis zu den Kollationsangaben: die vordere und hintere originale gelbe Umschlagseite der Hefte wurde vom Verlag bzw. von den Druckereien in die Paginierung nicht miteinbezogen und daher bei der Angabe der Seitenzahl in der vorliegenden Publikation nicht berücksichtigt. Wenn bei 16seitigen Heften das erste Blatt keine Bogennumerierung aufweist und nur das zweite mit einem Sternchen gekennzeichnet ist, wurde dieser Sachverhalt trotzdem mit: „18“ angegeben, wie wenn auch das erste Blatt mit einer „1“ numeriert wäre.

Einige gut verkäufliche Nummern der „Wiener Theater-Repertoirs“ wurden von Künast und Knepler nicht mehr als Neuauflage eines Heftes dieser Reihe auf den Markt gebracht, sondern als neues Heft des „Neuen Wiener Theaters“. Vermutlich war die modernere Umschlaggestaltung der letztgenannten Reihe zeitgemäßer als die des bereits mehrere Jahrzehnte alten „Wiener Theater-Repertoirs“.

383 verschiedene Hefte, 403 Drucke
Insgesamt erschienen in der Reihe „Wiener Theater-Repertoir“ 383 Hefte, numeriert von 1 bis 383. Von den sechzehn Heften Nummer 1, 5, 6, 9, 28, 41, 46, 47, 53, 61, 65, 105, 150, 261, 270 und 368 ist noch eine weitere Auflage zu verzeichnen, von den Nummern 32 und 55 sogar zwei, sodass sechzehn plus vier, also zwanzig weitere Drucke beachtet werden müssen.
Zum Zeitpunkt des Erscheines der letzten Hefte waren alle Nummern lieferbar, wie einer Anzeige in der ÖBK 1886, Nr. 1, 2. Jänner, S. 9, zu entnehmen ist.

Noch in den 1930er Jahren waren im Keller des Hauses Lichtensteg 1 „massenhaft“ Hefte eingelagert, wie sich der Zeitzeuge Bronhagl erinnert.

Abkürzungsliste
DVJBW Druck und Verlag von J. B. Wallishausser
Hei Mechitharisten-Buchdruckerei (W. Heinrich) oder Druck von W. Heinrich in Wien
Schw Druck von Anton Schweiger in Wien
So Druck und Papier von Leopold Sommer in Wien
SoCo Druck und Papier von Leopold Sommer und Comp. in Wien
St Buchdruckerei „Steyrermühl“, Wien
Wa Druck von J. B. Wallishausser in Wien
WK Wien: Verlag der Wallishausserschen Buchhandlung (Josef Klemm)
WKG1 Wien: Verlag der Wallishausserschen Buchhandlung (Josef Klemm), Stadt, hoher Markt 1, gegenüber dem Galvagnihof
WKG541 Wien: Verlag der Wallishausserschen Buchhandlung (Josef Klemm), Stadt, hoher Markt 541, gegenüber dem Galvagnihof
WKH Wien: Verlag der Wallishausserschen Buchhandlung (Josef Klemm) Stadt, Hoher Markt Nr. 1
WKüB Wien: Verlag der Wallishausserschen Buchhandlung (A. W. Künast) Stadt, Hoher Markt Nr. 1