Bezirksgericht Baden bei Wien. Eingelangt am 4. Oktober 1911 Uhr M.
1fach mit 2 Beilagen, Rubriken Geschäftszahl A I 431/II.

L.S. Emil GRAB
k.k. Notar
als Ger.Com. Baden am 1. Juli 1910

MEIN LETZTER WILLE !

Sollte mich der liebe Gott über Kurz oder Lang aus diesem Leben abberufen, so verfüge ich über mein mir unter vielen Mühen erworbenes bescheidenes Vermögen wie nachstehend:
Zur Erbin meines Vermögens setze ich meine liebe Frau Anna Künast, geb. Klemm ein, verfüge jedoch gleichzeitig nachfolgende Einschränkungen, beziehungsweise Legate, welche aus diesem Vermögen an die nachstehenden Verwandten zu erfolgen sind.
Die entfallenden Gebühren und Kosten sind von der Verlassenschaftsmasse zu tragen, damit jenen, welchen ich durch meine Verfügungen eine Verbesserung ihrer Lage gewähren möchte, nicht durch die auflaufenden Kosten möglicher Weise unnötige Sorgen verursacht werden:
Ich vermache sohin meiner Nichte Aloisia, (genannt Louise), Tochter meines verstorbenen Bruders Karl, welche ich zu adoptiren beabsichtige den Betrag von K 50.000.- Fünfzigtausend Kronen in der Weise, dass dieser Betrag pupillarsicher angelegt werde und der Zinsgenuss meiner genannten Nichte zufalle. Für den Fall der Verheiratung oder der Begründung samt eines Haushaltes fällt der vorerwähnte Betrag meiner genannten Nichte zur freien Verfügung zu.
Ebenso vermache ich meiner Nichte Aloisia (genannt Louise)
einen weiteren Betrag von K 20.000.- Zwanzigtausend Kronen, welche in pupillarsicheren Papieren in der Oestr. ungar. Bank zu deponieren sind. Die 4 % Zinsen aus diesem Betrage, das sind K 800 sind in einvierteljährigen vorauszuzahlenden Raten an meine Schwester Marie für Lebensdauer derselben zu bezahlen.- Nach dem Tode meiner Schwester Marie tritt meine Nichte Aloisia (gen.Louise)

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in den freiwerdenden Zinsengenuss, beziehungsweise in den Besitz dieses Betrages von K 20.000.
Meinen Bruder Arnold ist für Lebensdauer ein Betrag von K 400 Vierhundert Kronen pro Jahr, das sind 4 % Zinsen eines Kapitals von K 10.000.- auszubezahlen. Dieses Kapital soll ebenfalls in der Oester. ungar. Bank in pupillarsicheren Papieren deponirt werden. Sollte mein Bruder Arnold eheliche Kinder hinterlassen, so sollen die vorerwähnten 4 % Zinsen per K 400 nach dem Tode meines Bruders Arnold dessen eheliche Kinder bis zum erreichten 24. Lebensjahre beziehen. Nach erreichter Grossjährigkeit treten diese eventuellen ehelichen Kindern nach dem Tode ihres Vaters meines Bruders Arnold in den Besitz des Kapitales von K 10.000.-.
Sollten keine Kinder nach dem Tode meines Bruders Arnold hinterbleiben oder diese vorzeitig gestorben sein, so fällt der Kapitalsbetrag von K 10.000.- meiner Nichte Aloisia (gen.Louise) ebenfalls zu.
Sollte meine Nichte Aloisia (gen.Louise) durch frühzeitiges Ableben nicht zum Genusse meiner vorstehenden Verfügungen kommen, oder falls sie bis dahin verheirathet gewesen wäre und ohne Kinder gestorben sein sollte, so bleiben die meine Geschwister betreffenden Verfügungen aufrecht.
Die von Fall zu Fall dann eventuell frei werdenden Kapitalssummen vererbe ich meiner Frau oder falls diese nicht mehr am Leben sein sollte, zur Gründung einer Stiftung in nachstehender Weise:
Diese Stiftung soll den Namen Adolf und Anna Künast-Stiftung führen und dem Zwecke dienen, dass die Hälfte der Zinsen zur Unterstützung als Erziehungsbeiträge für arme Beamtentöchter, die andere Hälfte für arme alte Beamtenwitwen verwendet werde. Die Verfügung darüber möge die k.k. Statthalterei in Wien treffen.
Sollte meine Frau frühzeitig sterben, so ist ein Vermögenskurator aufzustellen. Bis zum Tode meiner Frau steht dieser allein

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die Durchführung und Verwaltung des hinterbliebenen und verfügbaren Vermögens zu, denn von dieser erwarte ich allein die genaue Vollstreckung meiner Wünsche, sowie sie rechtzeitig für einen Vermögenskurator sorgen wird.
Zu meinen letztwilligen Wünschen zähle ich auch, dass das Grab meiner sel. Mutter und meiner Brüder Johann u. Karl in Maria-Enzersdorf in guten Zustande erhalten bleiben möge. Ich testire zu diesem Zwecke, beziehungsweise für dem Fall einer Ex[h]umirung und nothwendig werdenden Neuherstellung eines Grabes den Betrag von K 600, welcher nach dem Tode meiner Frau bei der Gemeinde-Cassa in Maria-Enzersdorf oder bie der k.k. Bezirkshauptmannschaft in Mödling zu deponiren wäre.
Sollte eine Ex[h]umirung in der Zeit meines Ablebens zufällig nöthig werden, wo wünsche ich, dass mein Grab mit dem meiner verstorbenen Mutter und Brüder vereinigt werde. Ich überlasse für diesen, wie für jeden anderen Fall meiner Frau die Wahl des Friedhofes, wie ich gleichzeitig bitte, falls sie nach ihrem Tode neben mir ruhen wollte, gleich für eine geeignete Ruhestätte besorgt sein zu wollen. Sollte meine Frau nach der Öftern gemachten Äusserungen die Absicht haben nach ihrem Tode in einem Crematorium verbrannt zu werden, so erkläre ich

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mich ebenfalls damit einverstanden, in einem Crematorium verbrannt zu werden.
Dem Asylverein für Obdachlose in Wien XII, hinterlasse ich einen Betrag von K 500.
Sollten bei meinem Ableben durch unvorhergesehene Fälle die vor stehenden Verfügungen nicht zur Gänze durchgeführt werden können, so bestimme ich, dass allen Betheiligten die ihnen zugedachten Beträge in gleichen Verhältnisse restringirt werden.
Ich habe nach besten Gewissen diese Verfügungen getroffen; sollte ich daher eine oder einer der Vorgenannten von mir aus gutem Herzen Bedachten gegen diese meine Verfügungen auflehnen, so hat der dieser oder diesem zugedachte Betrag zu Gunsten der Uebrigen verwendet werden.
Zum Schlusse bitte ich meine Frau noch mir ein treues Andenken zu bewahren, sowie ich ihr bis zu meinem Lebensende dankbar bleibe für alle ihre mir bewiesene Hingebung. Wenn ich ihr – wie ich es am Liebsten gethan – nicht mein bescheidenes Vermögen ganz hinterlasse, so liegt der Grund einerseits in dem Testamente meines verstorbenen Schwiegervaters, der mich in dankenswerter Weise der Pflicht enthob, für die Zukunft meiner Frau besorgt sein zu müssen, andererseits aber in dem Umstande, dass ich meine Angehörigen, die ich ja während meines Lebens unausgesetzt unterstützt habe, nach meinem Tode versorgt wissen möchte, damit sie niemand zur Laste fallen müssen.
Mein Begräbnis wünsche ich in einfacher, doch meiner Lebensstellung entsprechender Weise. Sollte mein Ableben in einer Art erfolgen, dass auch nur der geringste Zweifel an meinem Tode bestehen könnte, so wünsche ich, dass der Herzstich an mir vollzogen werde. Und nun bekräftige ich diese letzwilligen

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auf vorliegenden zwei Bögen eigenhändig und bei vollem Klaren Bewustsein niedergeschriebenen Verfügungen mit meiner ebenfalls eigenhändige Unterschrift, indem ich etwa somit vorfindliche früher aus meiner Hand herrührende testamentarische Aufzeichnungen für ungiltig erkläre.

Adolf Künast m.p.
kaisl. Rath, Ritter des Ordens der
eisernen Krone III.Cl .& des Franz Josefs-
Ordens.
Ordnungsgemäß verzeichne ich noch, dass aus meinem Vermögen der Betrag von K 40.000 Vierzigtausend Kronen auszuscheiden ist, welcher als Heiratsgut meiner Frau gehört und sonach als ihr Vermögen keiner Erbsteuer zu unterziehen ist. Ebenso ist die gesammte innere Wohnungseinrichtung Besitz meiner Frau und nicht in die Verlassenschaft einzubeziehen.
Adolf Künast. m.p.

Kollationiert und stimmt vorstehende Abschrift
mit dem aus 2 Bogen (nicht geheftet) bestehen=
dem ungestempelten Originale wörtlich vollkommen überein.

Kanzleiabteilung I des k.k. Bezirksgerichtes
Baden, am 5.Oktober 1911