Kalchberg, Johann R. (23.10.1815)
[Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Handschriftenabteilung, Nr. 5.428]

Dem
Hochedelgebornen Herrn Johann Bapt.
Wallishaußer, bürgerlicher Buch=
händler und Buchdrucker

zu Wien.

Grätz den 23ten October 815

Euer Hochedelgeboren!

Da ich erst gestern aus meinen Weingärten zurückgekommen bin,
so bitte ich, es mir nicht zu verargen, daß ich Ihr mir so werthes Schrei=
ben vom 14ten d: M: erst heute beantworte.
Sehr angenehm ist mir Ihre Erklärung, den Druck und Verlag meiner
Werke übernehmen zu wollen. Schon seit vielen Jahren ist mir Ihre Firma
rühmlich bekannt, und es würde mich freuen, meine Geisteskinder in einer
ähnlichen Gestalt, wie jene der Frau von Pichler, für die ich eine viel =
jährige Verehrung hege, vor dem Publikum erscheinen zu sehen.
Die Bedingungen betreffend, habe ich dieselben bereits meinen Neffen Tomma=
sini
, welcher in Wien die Rechte studirt, und in der Krebsgasse, im Berghof,
No 547, im 3ten Stocke bey Hr. v. Jurras [?] wohnt, überschrieben, ihm auch durch den
Postwagen die Handschrift der vier ersten Theile mit dem Auftrage über=
schickt, Ihnen und unserem Freunde Gräffer die Einsicht des einen und
des anderen zu gewähren, und sodann die Mpte. bey der Censur ein=
zureichen. Auch einen Brief an Gräffer schloß ich bey, worin ich diesen
bitte, die Correktur zu übernehmen, indem ich hierin seine Fähigkeit ken=
ne, und mir besonders viel daran gelegen ist, meine Kinder ohne Flecken
in die Welt zu schicken. Sollte Tommasini noch nicht bey Ihnen gewesen seyn,
so würde ich bitten, denselben aufsuchen zu lassen, da ich von ihm noch
keine Empfangsbestätigung der überschickten Handschriften erhielt und mir
dieß einige Besorglichkeiten verursacht. Das verlangte Honorar von 600 f

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für den Band dürften Sie, bey dem schlechten Werthe des Papiergeldes,
wohl nicht zu hoch finden, und die 20 Gratisexemplare bedarf ich nothwendig,
vorzüglich zur Beförderung des Absatzes. Vom Erzherzog Johann erhielt ich gestern
ein Schreiben aus Paris, worin derselbe erklärt, daß er meine Zueignung mit
Vergnügen annehme. Da er mein besonderer Gönner ist, und schon seit mehr=
eren Jahren mit mir einen eigenhändigen Briefwechsel unterhält, so hoffe
ich durch ihn den Absatz bey unseren Großen zu befördern; besonders
da in meinen Werken von den Vorfahren mehrere derselben eine historisch=
rühmliche Erwähnung geschieht. Von den lyrischen Gedichten des ersten Theiles
sind viele noch gar nie im Drucke erschienen, und viele der älteren
habe ich umgearbeitet. Die historischen Darstellungen, welche der zweyte,
dritte und vierte Theil enthält, haben dem Publikum einzeln gefallen,
ich kann also hoffen, daß sie auch vereint um so mehr gut werden auf =
genommen werden, als sie lauter Gegenstände von gemeinschaftlichen In=
tresse enthalten, und man überhaupt solche Erzählungen gerne liest.
Der fünfte Theil, der in vierzehn Tagen abgeschrieben seyn wird, enthält ver =
mischte Schriften, von denen zwey Aufsätze noch nie im Publikum erschienen.
Die vier letzten Bände sollen meine historischen Schauspiele: Wülfling von
Stubenberg, Baumkircher, zwey Theile Grafen von Cilli, die Tempelherrn,
Maria Theresia, Bertram von Dietrichstein und Attila enthalten. Da all diese
Stücke fünf Acte haben, so rechne ich zwey derselben auf jeden Theil. Mein

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Portrait zum ersten Theile ist bereits gezeichnet und gut getroffen. Die S..... zu
den Titelkupfern der übrigen Theile werde ich mit Vergnügen angeben.

Mit dem Wunsche, daß wir dieses Geschäft zu unserer beyderseitigen
Zufriedenheit als redliche Deutsche abschließen mögen, verharrt mit aus =
gezeichneter Wertschätzung

Euer Hochedelgeboren

ergebenster Verehrer
Johann Ri Kalchberg