Müllner, D[r]. (10.7.1813)
[Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Handschriftenabteilung,
Nr. 19.591]
[Adolf Müllner, 1774 (Langendorf bei Weißenfels)–1829
(Weißenfels), war Rechtsanwalt, Theaterkritiker und verfaßte
in der Nachfolge von Zacharias Werner eine Reihe von Schicksalsdramen]
Herrn J. B. Wallishausser,
Buchhändler u. Buchdrucker
frey
bis Prag.
Wien.
Weißenfels am 10 July 1813.
Ew. Wohlgebohren
geehrte Zuschrift vom 30. Juny habe ich
heute erhal=
ten das Trauerspiel: die Schuld, jetzt schon in öffent=
lichen Druck und auf den großen Markt des Buch=
Handels zu bringen, verbietet theils die Sorge für
meinen Namen, theils das Interesse meines Beutels.
Das Stück ist im Laufe des vorigen Octobers geschrieben,
und die Unruhen, welche seitdem der Krieg über
unsere Gegenden gebracht hat, ließen mir bis
jetzt weder Muse [!], das Stück zu feilen, noch Zeit, es
den Theatern großer Orte als Mspt. zur Auffüh=
rung anzubieten. Inzwischen hoffe ich in einigen
Monaten eine Vorstellung davon zu setzen, welche
unter Göthes Leitung in Weimar stattfinden
wird, das wird mich in den Stand setzen, das Pro=
duct einer aufmerksamen Revision zu unter=
werfen, um es der Theilnahme des Publikum
würdiger zu machen, und ich werde, dankbar
für Ihr zuvorkommendes Erbieten, es gewiß
keiner Buchhandlung überlassen, ohne zuvor
mit Ihnen der Herausgabe halber unterhandelt
zu haben. Die Hauptfrage wird freylich seyn,
ob meine dramatischen Arbeiten überhaupt in
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Wien so werden aufgelegt werden dürfen
wie ich sie dem lesenden Publikum geben
möchte? Ich weiß, daß schon die Theater=
censur Manches daran verworfen hat,
was ich dem Leser nicht gern unterschla=
gen würde, und ohne die Bemühungen
meines Freundes, des Herrn Hauptmann
von Wagner in Wien, würde die Schuld
vielleicht gar nicht zugelassen worden seyn.
Empfangen Sie den Ausdruck meiner
großen Hochachtung.
Ihr
ganz ergebenster
D.Müllner
Rechtsconsulent |