IX. Forschungsgespräch des Don Juan Archivs
Editionen II
Ort: Don Juan Archiv Wien
4. November 2010, 14 bis 18 Uhr
Bericht: Silvia Freudenthaler & Matthias J. Pernerstorfer
Das 9. Forschungsgespräch im Don Juan Archiv Wien zum Thema Editionen wurde von Daniel Schopper mit einem Beitrag zu seiner online-Edition des 30-jährigen ABC-Schütz (im XML-Format) eröffnet. Es geht um eine geeignete Form für die synoptische Darstellung mehrerer Versionen eines Textes und um die Möglichkeit von Recherchen in einer großen Sammlung von online-Editionen. Bislang wurde mit dem Classical-Text-Editor gearbeitet, doch erreicht dieses Programm bei Editionen seine Grenzen, in welchen ausgehend von einem einzigen Dokument die einzelnen Textzeugen, die den Text überliefern, nicht nur in ihrer Textgestalt, sondern auch graphisch korrekt präsentiert werden sollen.
Notwendig ist auch eine effiziente Möglichkeit, aus dem online-Dokument eine Druckfassung des Textes zu generieren, da es nur unter dieser Voraussetzung möglich ist, anhand eines einzigen Dokumentes (jenes im XML-Format) zu arbeiten und zu jedem beliebigen Zeitpunkt den Text in seiner aktuellen Form in Word- oder pdf-Dateien zu exportieren. Ausgehend davon wurde die Frage kontroversiell diskutiert, ob Printeditionen überhaupt von Bedeutung seien, da die Möglichkeiten, die das Internet für komplexe Darstellungen bietet, dadurch verloren gehen würden.
Daraufhin referierte Hubert Stigler über Digitale Edition, ein Schlüssel zur Nachhaltigkeit Digitaler Archive in der Forschung. Seit zwei Jahrzehnten erstellt sein Grazer Team (GAMS – Geisteswissenschaftliches Asset Management System) digitale Archive für Projekte in den Geisteswissenschaften, wobei hier „vor allem Aspekte der nachhaltigen, metadatenbasierten und zitierbaren Archivierung und des flexiblen, über Berechtigungsmodelle gesteuerten Zugriffs auf digitale Ressourcen in den Vordergrund“ treten (Zitat: http://gams.uni-graz.at/fedora/get/container:gams-doku/bdef:Container/get 09.11.2010). Aufgrund der zuvor geführten Diskussion wurden Begriffe wie Metadaten, digitale Edition und das Annotationsformat XML erläutert. Digitale Archive zu gestalten bedeute, so Stigler, nicht, rasch veraltende Word-Dokumente online zu stellen, vielmehr sei ein entsprechendes Format nötig (eben XML), um die Daten für die Forschung nachhaltig aufzubereiten. Folgende Homepages sind diesbezüglich von Interesse: fedora-commons.org / gams.uni-graz.at / tei-c.org
Nach einer Pause mit türkischem Kaffee und Knabbereien präsentierten Brigitte Dalinger und Margot J. Pernerstorfer ihre Arbeiten zum Komplex Mauerbach. Dalinger sprach über die Geschichte dieses Bestandes und ihre Forschungsarbeiten, vor allem über Buchautopsien und die Sammlungsgeschichte. Nachfolgend präsentierte Margot J. Pernerstorfer die Online-Datenbank zu dieser Sammlung. Die von Treventus in Kooperation mit dem Don Juan Archiv Wien entwickelte digitale Bibliothek Nainuwa verfügt über eine dynamische Anzeige der gescannten Werke sowie einige Analysemöglichkeiten. Stigler machte darauf aufmerksam, dass es entscheidend sei, die den Analysen zugrundeliegenden Kriterien möglichst weit zu fassen, da nur ein möglichst breites Spektrum an Metadaten eine optimale Ausnützung des Forschungspotenzials einer solchen digitalen Bibliothek gewährleiste.
Als vierte Präsentation folgte ein Vortrag von Silvia Freudenthaler zum Projekt Opern- und Theaterrepertoire Zentraleuropas. Zuerst wurde das Projekt zur Erstellung eines möglichst genauen täglichen Spielplans erläutert. Die einzelnen Spielpläne werden digitalisiert und in entsprechende Kategorien geteilt. Alle Spielpläne erhalten das gleiche Schema, damit sie zu einem großen Gesamtspielplan zusammengefügt werden können. Diese Datensammlung kann schließlich mit externen Quellen – wie Theaterzettel oder dem Wienerischen Diarium – verbunden werden.
Abschließend präsentierte Jana-Katharina Mende ihre Arbeiten zur Erfassung von Archiven, Bibliotheken und Museen in Zentraleuropa, die für die theaterhistorische Forschung von Interesse sind, sowie die Verknüpfung dieser Listen mit Google Maps. Diese Listen geben einen Überblick, was wo vorhanden ist. Um gezielt suchen zu können, ist abermals eine Einteilung in Kategorien nötig. Es gibt deshalb Kategorien, die mit der Lokalisierung der Institution zusammenhängen, etwa Name, Land, Homepage usw. Aber auch der Typ der Institution ist von Bedeutung. Diese Metadaten wurden in diesem Projekt bereits ins XML-Format übertragen und können daher in Google Maps genutzt werden. Die Landkarten zeigen einzelne Länder und/oder Institutionstypen, wodurch eine genaue Suche nach Beständen möglich.
Der kulinarische Ausklang des Forschungsgespräches fand im Restaurant Fromme Helene statt.