Theresia Wallishausser
1777–1832

Paul Raabe schreibt, dass die „Buchhändlerin ein selbständiger und selbstverständlicher Berufsstand im 18. Jahrhundert war“ [Raabe, Paul: Bücherlust und Lesefreuden. Stuttgart: Metzler, 1984. S. 25.], Mark Lehmstedt [Lehmstedt, Mark: „Ich bin nun vollends zur Kaufmannsfrau verdorben“. Zur Rolle der Frau in der Geschichte des Buchwesens. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte. 6 (1996). S. 81–154.] gibt eine eindrucksvolle Aufzählung von Buchhändlerinnen in Deutschland an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, und Volker Titel [Titel, Volker: Deutsche Buchhändlerinnen im 19. Jahrhundert. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte. 6 (1996). S. 155–166.] nennt für das Jahr 1840 in Wien 12 Firmen-Besitzerinnen, womit über ein Viertel der Buchhandlungen in weiblicher Hand waren. Fast alle von ihnen führten einen Witwenbetrieb, denn die verheiratete Frau oblag der Entschlussgewalt des Ehemannes, während Witwen und zum Teil auch ledigen Frauen erstaunlich große Entscheidungsfreiheit zugestanden wurde.
In der „Ordnung für Buchhändler und Antiquare“ vom 18. März 1806 wurde in den Paragraphen 6 und 7 endgültig festgelegt, was vorher schon Usus war: „§ 6. Die Buchhandlungs-Befugnisse, und ebenso die der Antiquare und Buchdrucker sind nur auf die Person zu verleihen; sie erlöschen folglich mit dem Tode des Besitzers [...]. § 7. Wenn sich jedoch eine Buchhandlung, Antiquar-Buchhandlung oder Buchdruckerey in aufrechtem Stande befindet, kann solche auch von der Witwe nach dem Tode ihres Gatten fortgeführt werden; nur muß dieselbe zur Betreibung der Unternehmung einen dem Werke gewachsenen, zum Geschäfte geeigneten Mann auf ihre Gefahr und Verantwortung bestellen, zu dessen Ausfindung ihr das Gremium an die Hand zu gehen hat.“ [Junker, Carl: Die geschichtliche Entwicklung des Buchhandels in Österreich. Wien: Amalthea-Verlag, 1926. S. 53.]
Da es sich bei fast allen Firmen ohnehin um Familienbetriebe handelte, bei der die Frau am unmittelbaren Geschäftsbetrieb beteiligt war, übernahmen häufig Witwen den Betrieb, um ihn bis zur Vollmündigkeit ihrer Söhne zu verwalten, oder sie verheirateten sich mit ihren Geschäftsführern, was für viele Gesellen und Buchhandlungsdiener oft die einzige Möglichkeit war, sich selbstständig zu machen.

Auch beim Verlag Wallishausser ergab sich ein solcher Fall. Bei dem Tode ihres Gatten am 22. Februar 1810 war Theresia Maria Anna Weinzetl, die zweite Gattin, 32 Jahre alt. Acht gemeinsame Jahre waren dem Ehepaar vergönnt. Nun war sie mit 7 Kindern, einer Buchhandlung, einem Verlag, einer Buchdruckerei und etlichen Schulden allein gelassen, in einer Zeit, die durch unterschiedliche Ereignisse geprägt war. Es herrschte eine Aufbruchstimmung, man denke an das Biedermeier und das erwachende Selbstbewusstsein des Bürgertums, oder den Wiener Kongress mit seinen vielen ausländischen Gästen. Für Theresia war es eine große Hilfe, dass der 19-jährige Stiefsohn Johann Baptist II., der schon den Buchhandel erlernt hatte, und die Stieftochter Anna Maria, die sicher auch im Betrieb mitgearbeitet hatte, ihr zur Seite standen. Eine wichtige Position fiel auch Dr. Cajetan Schöller als Rechtsfreund von Wallishausser I. zu, der ihn selbst noch knapp vor seinem Tod als Curator der Kinder bestellte. Mit seinem juristischen Wissen konnte er die Familie in Rechtssachen bestens beraten. Er hat auch die Abwicklung der Verlassenschaft durchgeführt, die sich 7 Jahre hinziehen sollte. Zehn Jahre lang führte Theresia den Betrieb, in dieser Zeit wurden viele wichtige Verbindungen hergestellt, die über Jahrzehnte halten sollten.

Nur mit ihrer Unterschrift dokumentierbar ist die tatkräftige Gattin Johann Baptist Wallishaussers I. Therese firmierte als „priv. Buchhändler und Buchdruckerswittwe“.

Privat veränderte sich nun der Wohnsitz der Familie. Um die Miete zu sparen, zog Theresia mit den Kindern in das vom Vater ererbte Haus Nr. 425 (= 458, heute: Tuchlauben 3, laut Straßenverzeichnis Harrer). Es ist ein schmalbrüstiges Haus und hat sicher nicht so viel Wohnraum wie bisher, aber man muss sich eben einschränken.


1) Bognergasse (Peilerthor) 2) Spenglergasse 425
Schimmer, Gustav Adolph: Das alte Wien. Schleinbach: Edition Einkler-Hermaden, 2009.

Laut Konskriptionsbogen 1805 [recte: 1810 oder 1811; WStLA, Konskriptionsbögen, I. Reihe] haben wir die Familie „Unter Tuchlauben No 458“ aufgelistet:

Wallishauser Theresia 775 Buchhändler u. Buchdrucker
Sohn Carl 805
Tochter Theresia 806
Stiefs[ohn]. Franz 800 [st.n.] Buchdruckerlehrling (?)
do. Johann 789 Handlungsbuchhalter bey d.Mutter
Stieftocht[er]. Anna 788 ausser Haus [durchgestrichen]
„ Johanna 797
„ Antonia 794 ausser Haus [durchgestrichen]

Die Geschäftsadresse blieb jedoch unverändert Neuburgergasse 1177 (heute Plankengasse).

 

Gemäß dem Verlassenschaftsakt hinterließ Wallishausser folgende Kinder aus erster Ehe: Maria Anna, 22 Jahre alt, Johann Baptist, 19 Jahre alt, Antonia, 16 Jahre alt, Johanna, 14 Jahre alt, sowie Franz, 11 Jahre alt. Aus seiner zweiten Ehe mit Theresia stammten noch die beiden Kinder Karl [Carl Paul] und Theresia (5 und 4 Jahre alt). Wallishausser verfügte testamentarisch, dass die Buchdruckerei und Buchhandlung so lange fortgeführt werden sollten, bis sämtliche Forderungen an die Verlassenschaft getilgt wären. Damit sicherte Wallishausser den Fortbestand des Betriebes zumindest auf einige Jahre. Beide Geschäfte waren mit Buch-, Wechsel- und anderen Schulden belastet, wohl eine Folge der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der Kriegsjahre (1805 und 1809).

Der Wert der Buchdruckerei wurde von dem Universitätsbuchdrucker Matthias Andreas Schmidt mit 2036 Gulden beziffert. Hätte Theresia Wallishausser alles (zum Schätzwert) verkauft, wäre ein Rest von immerhin 12.516 Gulden Bancozetteln geblieben, wovon die Witwe als Universalerbin freilich noch den sieben genannten Kinder ihre Pflichtteile auszuzahlen gehabt hätte [Mayer, Buchdrucker-Geschichte. II, 151].

 

Merkantil- und Wechselgericht

sBereit am 8. März 1810 wird Dr. Schöller als Curator bestellt. Er bringt auch die Witwe Theresia als Vormund in Vorschlag. Am 18. April 1810 reicht Theresia Wallishausser beim Mercantil- und Wechsel-Gericht um Protokollierung der nunmehrigen Firma ein [WStLA, Merkantilakt W 48/I. Reihe 1810].

Am 26. April 1815 erhält Theresia Wallishausser die Befugnis zur Errichtung einer öffentlichen Leihbibliothek [Anzeige in der Wiener Zeitung, 27. November 1815, S. 1315], obwohl ihr Gatte diese schon seit 1789 eingerichtet hatte. Das Merkantilgericht drängt, die Abhandlungsakten vorzulegen, Theresia muss immer wieder bitten, den Termin zu verlängern, da allein die vielen hinterlassenen Passiven verschiedene Prozesse veranlassten, die erst 1815 beendet werden konnten. Im Jänner 1816 teilte Theresia dem Merkantil- und Wechselgericht mit, sie habe am 25. Jänner 1816 dem Magistrat als Abhandlungsinstanz die Abhandlungsakte überreicht und ersucht um eine Verlängerung des Termins. Neuerlicher Termin, neuerliche Androhung von Pönalezahlungen. Endlich kommt am 15. Juni 1816 ein Schreiben vom Wiener Magistrat an das Merkantil- und Wechselgericht, in dem mitgeteilt wird, dass an diesem Fall gearbeitet wird. Im September 1816 muss Theresia Wallishausser um eine neuerliche Verlängerung ansuchen, da der Akt vom Wiener Magistrat noch immer nicht beim Gericht angekommen ist. Nach Vorlage der verlangten Unterlagen wird, da der Anteil der Kinder nicht ausbezahlt wird, sondern in der Buchhandlung bleibt, am 9. April 1818 ein „Sozietäts Kontrakt“ verlangt [WStLA, Merkantilakt W 48/I. Reihe 1819, Sign. A 3/310, Kl. 63/13].

 

Auftragslage

Im Oktober 1810 gibt es eine wichtige Änderung in der Theaterwelt: die beiden Hoftheater werden nach den Gattungen Schauspiel und Oper getrennt. Die Ausführung der Programmzettel hat sich nicht verändert, sie blieben dreigeteilt für drei Theater.

Ein Ansuchen von Theresia Wallishausser zeigt, dass sie bemüht ist, alle geschäftlichen Möglichkeiten auszunützen. Im Gestionsbuch des Erzbischöflichen Consistorii in Wien ist dieses Ansuchen vom 28. May 1813 mit folgendem Wortlaut eingetragen:
Wallishaussers Buchhandlung um Erlaubniß eine kleine Verkaufsbude an der St. Stephanskirche während der H. Firmungszeit zum Verkaufe einiger Gebetsbücher als Firmungsgeschenke errichten zu dürfen.
Am 1. Juni ging das Ansuchen mit positivem Bescheid an Wallishausser zurück. [Diözesanarchiv Wien, Gestionsprotokolle WP 87/v. 1812-1813]. Im Pecunal Journal der St. Stephanskirche finden wir auf Seite 489, 1313, den 1ten Juni 1813, eine genaue Auflistung der Gebet- und Erbauungsbücher, die er in seiner Verkaufsbude auflegen wollte. Im Diözesanarchiv gab es eine eigene Zensurstelle, wo unter anderem Zensurakten wie die über Friedrich Ludwig Zacharias Werners Werk „Die Mutter der Makkabäer“ (1820) [Diözesanarchiv Kasette III/Zensur 1810–1822] oder über das Andachtsbuch: „Gott mein Alles“ von Karl Cleynmann [Diözesanarchiv/ Zensur V/Blechkasten/Umschlag Bücher] aufliegen.

Werbung

Auch die Werbung durch Anzeigen in der Wiener Zeitung setzt Theresia fort. Die Zahl der Anzeigen ist nicht sehr umfangreich, wie aus dem Diagramm ersichtlich ist.

In den Anzeigen finden wir die Werke von Zacharias Werner, das jährliche Wiener Hoftheater-Taschenbuch, Anzeigen für das Buch „Feyerlichkeiten bei der Rückkehr Sr. Majestät“ und den Freiheitsdichter Theodor Körner (gefallen 22jährig am 26. August 1813). In einem Brief an seinen Vater vom 13. März 1813 schreibt er: „ Hedwig die Gouvernante, Josef Heyderich und der Vetter aus Bremen habe ich an Wallishaußer als zweiten Theil meiner dramatischen Beiträge übergeben.“ [Körner Theodor: Sämmtliche Werke. Leipzig: Reclam, o. J. S. 671.] Auch Predigten von Cleynmann, der beliebte Almanach „Aglaja“, das „Dramatische Sträußchen“ von J. F. Castelli wurden angezeigt, und am 4. März 1819 erschien die erste Anzeige für Franz Grillparzers Werk Sappho.

Aber nicht nur in der Wiener Zeitung, auch in der Wiener Theaterzeitung von Bäuerle finden wir ab 1814 Beurteilungen der Neuausgaben des Verlags Wallishausser. Es gibt Kritiken über Almanache, man findet Castellis „Dramatisches Sträußchen“, („das Äußere dieses Büchleins ist recht geschmackvoll“), und es erscheinen über etliche Nummern hinweg „Gespräche zweyer Kunstfreunde über Franz Grillparzers Trauerspiel Die Ahnfrau. Als Beytrag zur Beurtheilung desselben“, desgleichen auch über das Trauerspiel „Sappho“ [ÖNB MFS 5754].

 

K.K. Obersthofmeister=Amt

Wie sehr Theresia und Johann Baptist II. bemüht waren, Aufträge zu bekommen, die über einen längeren Zeitraum regelmäßige Einnahmen versprachen, kann man daraus ersehen, dass Wallishausser sofort die Gelegenheit erfasste, als Herr von Degen laut Hofdekret seine Privatdruckerei nicht weiter fortsetzen durfte und somit die Arbeiten für das Obersthofmeister-Amt beenden musste. Am 28. Februar 1815 bittet Degen das Obersthofmeister-Amt, ihm mitzuteilen, an wen er die in seinen Händen habenden Requisiten übergeben soll.

Consignation
Über nachstehende Requisiten, welche von der Endesunterzeichneten an die Registratur eines Hochlöbl. k. k. Oberst= Hofmeister Amtes eingeliefert worden sind.
1.) Ein Stämpel in Stahl geschnitten, eines K .K. Adlers.
2.) Drey Stück Matrizen in Bley....desselben.
3.) Zwey Stück Abklatsche in Bley.....desselben.
4.) ein Stämpel in Stahl geschnitten des Hochfürstl. Trautmannsdorfschen Nahmens Zuges.
5.) Eine Matritze in Bley gegossen,
6.) Zwey Stück Abklatsche in Bley desselben.
7.) 1832 Stück Neue Billets in das Kärnthnerthortheater.
8.) 1450 Stück Neue Billets zum Grand Couvert.
9.) 5217 Stück Alte Billets zur großen Hof Redoute.
10.) 3164 Stück Alte Billets zur Carrouhsel Redoute.
11.) 1150 Stück Alte Billets zur 1. Redoute parée.
12.) 5715 Stück Alte Billets zur 2. Redoute parée.
13.) 425 Stück Alte Billets zum Concerte.
14.) 13 Stück Billets in das Schönbrunner Hoftheater.
Wien am 5. April 1815
ppa von Degensche Buchdruckerey und Buchhandlung.

[HHStA/Karton 210 – OmeA/1815/A1-12/16.]

Auf welche Weise Wallishausser davon Kenntnis bekam, dass die Druckarbeiten für das Obersthofmeister Amt vakant sind, ist nicht bekannt. Er reicht sofort ein und bittet um Überlassung der Buchdrucker-Arbeiten, die bisher von der Degen’schen Buchdruckerei angefertigt wurden. Am 8. März 1815 kommt der Bescheid, dass er nun diese Arbeiten übernehmen darf. Die Bedingungen sind genau festgehalten, genauso die Verrechnung vierteljährlich (nach den Militärquartalen). Interessant ist die Bemerkung, warum die Arbeiten nicht der Staatsdruckerei übergeben wurden: die räumliche Entfernung zur Staatsdruckerei wäre zu groß, um bei Dringlichkeit die Druckarbeiten rechtzeitig bei Hofe abzuliefern. [HHStA/OMeA/Karton 210/1815/16]
Dies ist der Anfang einer jahrzehntelangen Zusammenarbeit zwischen dem Kaiserlichen Hof und der Buchdruckerei Wallishausser, die für das Ansehen der Wallishausser’schen Buchhandlung sicher von Vorteil war.


HHStA Karton 212, Neue Zeremon. A R XI, Ordensfeste 1812–1843

1816 kommt es zum Druck eines Werkes von Hr. v. Paumgartten unter dem Titel: Zeitschrift über den Einzug Sr. Majestät des Kaisers. Es werden 950 Exemplare gedruckt, der Auftrag beläuft sich auf über 2200 fl. Nun ist es bemerkenswert, welchen Schriftwechsel dieser Geschäftsfall verlangte, in dem immer wieder die Hofstaatsbuchhaltung einbezogen wird. Es wird um jeden Gulden gefeilscht, um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. [HHStA/OMeA/ Karton 226/1816/ 145.] 1817 sucht v. Paumgartten bei dem Obersthofmeister-Amt um ein Honorar an. Man solle ihm wenigstens von den, von Wallishausser innerhalb des Zeitraums von einem Jahr verkauften 140 Exemplare den Erlös von 420 fl. als Honorar überlassen. Der Antrag wird bewilligt und Wallishausser beauftragt, den Betrag an v. Paumgartten auszuzahlen.

Ebenfalls im Jahre 1817 sucht J. B. Wallishausser beim Oberst-Hofmeister-Amt um Ausstellung eines Amts-Zeugnisses an. Folgendes Dokument wird ihm ausgestellt:

Amts = Zeugniß
Für den Buchdrucker und Buchhändler
Joh. Baptist Wallishauser
15. April (1)817.
Dem Joh. Baptist Wallishauser Buch=
drucker und Buchhändler, wird auf sein
geziemendes Ansuchen hiemit bezeuget,
dass er alle von diesem k. k. Ersten Oberst=
Hofamt bestellten Druck=
arbeiten mit besonderem Fleiß,
Richtigkeit, und Schnelligkeit zur dieß=
ortigen vollkommenen Zufriedenheit be=
werkstelliget, und sowohl hiebey, als
bey der ihm übertragenen Verfer=
tigung von Eintrittskarten zu Hoffesten
seine Ordnung und Verlässlich=
keit bestens bewähret habe.
Man kann hiernach denselben als einen seines Geschäftes
wohl kundigen, und alles Vertrauens
würdigen Mann, allenthalben bestens
empfehlen.

[HHStA/OmeA/Karton 287/1817/196]

 

Auszug aus dem Briefverkehr

In der Handschriftensammlung der Wr. Stadtbibliothek befinden sich einige Briefe an den Verlag J. B. Wallishausser aus dieser Zeit. Nirgends zeigt sich deutlicher, wie sehr Johann Baptist Wallishausser zum tüchtigen Geschäftsführer herangereift ist. So schreibt Caroline Pichler, er möge ihr ein Exemplar der Aglaja aufheben, da es sehr schön sein solle, sie werde es abholen lassen. Mit J. Ch. v. Zedlitz wird über das Honorar von 100 Ducaten und den Druck von zweitausendeinhundert Exemplaren des Werkes Turturell verhandelt. Weitere Briefe stammen von Dr. Müllner aus Weißenfeld, Ritter von Kalchberg, Georg von Gaal , dem Zensurbeamten Zettler u.a.m. Auch etliche Briefe von Franz Grillparzer, aus denen ersichtlich ist, dass J. B. Wallishausser mit ihm gut befreundet gewesen sein muss, da Wallishausser sogar Zugang zu Franz Grillparzers Schreibtisch hatte, und aus einer Abrechnung ist ersichtlich, welche Freundschaftsdienste Johann Baptist für Grillparzer erledigte. Auch eine Honorarabrechnung von Franz Grillparzer ist erhalten [WStLB Handschriftensammlung], aber ebenfalls ein Brief Grillparzers an den Grafen Brühl mit negativen Äusserungen über Wallishausser [Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft 1890, siehe Link].

 

Einantwortung der Verlassenschaft

Wie schon erwähnt, zog sich die Abhandlung der Verlassenschaft jahrelang hin, immer wieder gab es Schwierigkeiten, um die Angelegenheit zu Ende zu bringen, doch 1817 war es endlich soweit.

Die Einantwortungsurkunde schließt eine gerichtliche Verlassenschaftsabhandlung ab. Dazu war es jedoch notwendig, dass die Forderungen sämtlicher angemeldeter Gläubiger beglichen waren. Erst im Jänner 1816 konnte Theresia die Schuldenbegleichung dem Merkantilgericht vorlegen und nun konnte endlich die Verlassenschaftsabhandlung beendet werden. Sehr wichtig für das Gericht war die Absicherung der minderjährigen Kinder, wie folgender Ausschnitt beweist:

Da weiters nach dem Testament der Wunsch und Wille des Erblassers dahin gehet, die Handlung den Kindern zu erhalten, was der Vormund bisher mit Beyhilfe des m Sohns und der m Tochter, welche beyde sich zur Führung derselben thätig verwendeten, bewirket; auch die Druckerey in einen treflichen Stand gesetzt hat; ferner d...(nicht lesbar) in der Handlung belassen werden soll, so erscheinen künftig (die) Kinder als Eigenthümer von ¾ der Handlung. Es tritt also der Fall ein wo ein Handlungsassistent nothwendig wäre; allein da die Handlung aus der mißlichen Lage, in der sie sich beym Todfall des Wallishauser befand, bloß allein durch die treffliche Leitung des Curators und Vormund Dor Schöller gerissen worden ist, und nur seiner väterlichen Obsorge ihren damaligen aufrechten Stand zu verdanken hat, so dürfte auch künftig hin ihm allein die Leitung um so mehr überlassen werden, als er schon in voraus gegen die Aufstellung eines Assistenten protestirte.
2tens von den 7 Kindern der eine Sohn, und eine Tochter schon m [majorenn] ist, welche bisher in der Handlung mitgearbeitet haben, drey von den übrigen aber (schon) über 20 Jahre alt sind, dem jedoch, daß alle Jahre eine Billanz dem Magistrate vorgelegt werde, solange Dor Schöller Curator und Vormund bleibt.

[WStLA, Verlassenschaftsabhandlungen V 1232/1810]

 

PFLICHTTHEILS AUSWEISUNG

 

 

Die Bilanz von 1817

Billanz
über die J. B. Wallishausser’sche, unter der Firma J. B. Wallishaussers seel Wittwe
geführte Buchhandlung und Buchdruckerey.

1. An vorräthigem Waarenlager

 

48240 f 24 x

1. Conto der Frau Theresia
Wallishausser

 

26102 f

2. Buchdruckerey

 

4020 f

2. An reinem Handlungs-Fond
nach Abzug d. obigen Post

 

28558 f 24 x

3. Ausstehenden guten
Schulden

 

600 f

   
4. detto halbeinbringlichen
detto f 800 f

 

400 f

   
5. detto verloren
detto f 616 f 14 xr
     
6. Cassa 1400 f    
fr

54660 24 x

fr
54660 24 x

Wien am 30. April 1817
Theresia Wallishausser

S. Johann Georg Binz
beeidigter Bücher-
schätzmeister

S. Matthias Andreas Schmidt
Universitätsbuchdrucker
und beeidigter Schätzmeister
[WStLA B8/2, Merkantilakt W 48/I. Reihe 1810]

Zur besseren Information nehmen wir den Umrechnungskurs der Statistik Austria vom August 2006: Für das Jahr 1817 ist der Wert für 1 Gulden = € 11,46. Der reine Handlungsfond beträgt 28.558 f 24 xr = € 327.279,26.

Durch die gute Bilanz ist ersichtlich, dass Buchhandlung und Buchdruckerei nun positiv agierten. 1819 sucht Wallishausser beim Obersthofmeister-Amt um Verleihung des Titels eines k. k. Hofbuchhändlers an. [HHStA/OmeA/Karton 256/1819/126]. Theresia legt ihre Befugnis zurück und der Bescheid vom 31. Jänner 1820 lautet:
Die von der Theresia Wallishauser angezeigte unbedingte Zurücklegung ihres Buchhandels und Buchdruckerei Befugnißes wurde von der Regg. Angenommen und dem Joh. Baptist Wallishauser ein neues solches von der Regg. verliehen. Das Merkantil und Wechselgericht hat demnach die Firma aus dem Merkantilprotokolle zu löschen, und diese Löschung im geeigneten Wege kund zu machen.

Die Anzeige in der Wiener Zeitung:
„Zurücklegung eines Buchhandels- und Buchdruckerey= Befugnisses. Von dem k.k. Ni.Oest. Mercantil= und Wechselgerichte wird hiermit bekannt gemacht, dass in Gemäßheit herabgelangten Regierungs= Decretes, das von der Theresia Wallishauser zurückgelegte Buchhandels- und Buchdruckerey-Befugniß, nebst ihrer protocollirten Firma, in dem Mercantil-Protocolle unterm heutigen Tage gelöscht wurde. Wien den 14. September 1820.“ [WZ, 26. September 1820, Allg. Intelligenzblatt, S. 571.]

Theresia Wallishausser hat ganz im Sinne ihres verstorbenen Gatten, die Handlung weitergeführt und kann nun einen gut florierenden Betrieb an ihren ältesten Stiefsohn weitergeben, der sich in den vergangenen 10 Jahren zu einem excellenten Fachmann und Kaufmann entwickelt hat. Diese Leistung war nur möglich durch die einmalige Zusammenarbeit zwischen Theresia, Dr. Schöller und den beiden ältesten Kindern, Anna Maria und Joh. Baptist.
Erst nach der Übergabe der Buchhandlung an den Sohn heiratet die älteste Tochter Anna Maria 1820 Johann Nepomuk Passy aus der zur damaligen Zeit bekannten Schriftstellerfamilie Passy. Tochter Johanna verehelichte sich mit Herrn Hähnel, Fürstl. Colloredo´schen Wirtschaftsrat.
Noch einen bösen Schicksalsschlag hatte Theresia zu ertragen: am 21. Juli 1821 stirbt ihre 15jährige Tochter Theresia. Am 16. April 1826 heiratet sie den langjährigen Berater und Freund der Familie, Dr. Cajetan Schöller, dessen Frau Maria Ladislava 1812 gestorben war. 1828 schloß ihr Sohn Carl Anton Paul die Ehe mit der Tochter Dr. Schöllers, Maria Anna Aloisia. Einige ruhige Jahre kann Theresia nun im Kreis ihrer Familie verbringen, bis sie am 21. Juli 1832, es ist der gleiche Sterbetag wie der ihrer Tochter, in der Wohnung in der Bischofsgasse verstirbt.