Josefine Wallishausser |
Trotz allen Bemühungen ist es nicht gelungen, von Josefine Wallishausser ein Portrait oder eine Fotographie zu finden. Sie ist nur durch ihre Signatur belegt [da sie selbst teilweise mit Josepha, Josefa oder Josefine unterfertigte, haben wir uns im Text für Josefine entschieden]. Wieder ist es eine Witwe, welche die Geschäfte übernimmt, und trotzdem ist es eine ganz andere Situation, als bei Theresia im Jahre 1810. Josefine Wallishausser, geb. Tusch, ist 29 Jahre alt, die Tochter Pauline ist 1 3/4 Jahre und der Sohn Johann Baptist nicht ganz 2 Monate alt. Der Mitvormund wird S. A. Steiner, Vorsteher der Kunsthändler am Graben. Als Curator wird Dr. Springer ernannt. Josefine übernimmt eine große Aufgabe. Außer den Kindern hat sie noch die Buchhandlung, hier steht ihr der langjährige Buchhalter Friedrich Scheurer zur Seite, der nun Geschäftsführer wird. In der Buchdruckerei arbeitet Herr Kriebitz, der ebenfalls ein langjähriger Angestellter von J. B. Wallishausser war, und zusätzlich muss sie noch die Verwaltung der Häuser 48 und 49 in der Josefstadt übernehmen. Zu diesen Verpflichtungen kommt nun die Aufgabe hinzu, die Verlassenschaft im Sinne des Testaments ihres Gatten zu erfüllen und die Legate auszuzahlen. Schon am 23. Oktober unterschreibt Josefine die bedingte Erberklärung. Zur Fortführung der Buchhandlung benötigt sie die obervormundschaftliche Genehmigung, um sie dem Merkantil- und Wechselgericht vorlegen zu können. Auch der bereits von J. B. Wallishausser als Geschäftsführer vorgeschlagene Buchhalter Friedrich Scheurer bedarf der Genehmigung. Die Schätzung der Häuser wird durch zwei Gutachter erstellt und beläuft sich auf 36.600 C.M. Da die Buchhandlung zu Lebzeiten an Josepha ging, haben wir leider keinerlei Angaben über den Bücherbestand. Dieser wird in Ballen gemessen; über die Utensilien in der Druckerei steht uns eine Inventarliste zur Verfügung. Die Pflichttheil-Ausweisung wurde am 13. Jänner 1833 vorgelegt und der Antrag für die Einantwortung der Verlassenschaft erfolgte am 12. Oktober 1833. Damit war die Verlassenschaft so gut wie abgehandelt. Ab nun wurde vom Magistrat mit Argusaugen über das Erbe der minderjährigen Kinder gewacht. In der Zwischenzeit, genauer gesagt am 1. August 1832, gibt die Firma J. B. Wallishausser ein Rundschreiben heraus, um den Freunden und Kollegen die Änderung in der Firmenleitung bekannt zu geben. Deutsche Bibliothek Leipzig |
K.K. Merkantil- und Wechselgericht Josefa Wallishaussers Merkantilakt beginnt mit der Anzeige des Todes ihres Gatten durch das Gremium der Buchhändler: Das Gremium der hiesigen bürgl. Buchhändler und Antiquare macht hiermit pflichtgemäß Anzeige von dem am 11ten Oktober l. J. [1831] nachts um 12 Uhr erfolgten Ableben des bürgerl. Buchhändlers und Buchdruckers Johann Baptist Wallishauser. Es wird angeordnet, dass die Witwe mit der Sperrs-Relation und allfälligem Testamente beim Merkantil- und Wechselgericht zu erscheinen hat. Sie erklärt nun vor dem Wechselgericht, sie wolle die Buchhandlung ihres verstorbenen Gatten unter seinem Namen weiterführen. Dazu benötigt sie die Genehmigung der Obervormundschaftsbehörde.1832 ergeht vom Magistrat als Abhandlungs- und Obervormundschaftsbehörde folgendes Dokument: Es wird kein Anstand genommen,
dass die Bittstellerin (Josepha Wallishausser) die Buchhandlung ihres
verstorbenen Ehegatten Joh. Bapt. Wallishauser mit der auf den Nahmen
desselben einstweilen lautende Firma fortführen kön[n]e, dieß
Gesuch ohne Beilagen ist aufzubehalten, u. dessen die Bittstellerin rathschlägig
zu verständigen Auch der noch von J.B. Wallishausser als Geschäftsführer für die Buchhandlung vorgeschlagene Buchhalter Friedrich Scheurer bedarf des Nachweises seiner Fähigkeiten, um die Genehmigung zu erhalten. Nachdem alle Unterlagen erbracht und die Genehmigungen erteilt wurden, konnte Josefine die Buchhandlung offiziell weiterführen. So wie für die Buchhandlung brauchte sie auch für die Buchdruckerei einen Geschäftsführer. 1837 wurde Friedrich Kriebitsch, der schon bei Joh. Bapt. Wallishausser II. angestellt war, als Geschäftsführer für die Buchdruckerei bestätigt. Ab 1853 stand ihr Philipp Lowatsch in der Buchdruckerei zur Seite [Mayer, Buchdrucker-Geschichte. S. 209]. Noch im Jahre 1832 verkauften Josepha und ihre Mutter Theresia Tusch das ihnen gehörige Haus in Hietzing Nr. 31 um fl 6000. Es wird der Eindruck erweckt, dass Josefine mit dem Geld aus dem Verkauf die Legate im Testament ihres Gatten so schnell wie möglich auszahlen wollte. Im Mai 1833 legte Josefine dem Merkantil- und Wechselgericht eine Bilanz vor.
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Bilanz
[WStLA, Merkantil-Akt.
Prof. IV. Lit. WN 177 Fz. 3] |
Oberst-Hof-Meisteramt Am 24. October 1831, 13 Tage nach dem Tod des Gatten sucht Josefine beim Oberst-Hof-Meisteramt um die Beibehaltung der Bewilligung von Druckaufträgen für die Firma Wallishausser an. Hier kann von einer sehr prompten Erledigung gesprochen werden. Zwei Tage später, am 26. October 1831, wird Josefine verständigt, dass der Kontrakt mit der Firma Wallishausser auch unter ihrer Leitung zu den gleichen Bedingungen und Preisen aufrecht bleibt [HHStA, OMea, 1831, Kart. 371/Nr. 4-14/54, Akt 12/17]. Dieses Schreiben bedeutet für Josefine eine Erleichterung, da regelmässige Druckaufträge damit gesichert waren. Wie viele Anzeigen allein für die jeweiligen Todesfälle gedruckt wurden haben wir statistisch nicht festgehalten, durchschnittlich kann man von 1000 Anzeigen bei einem Todesfall ausgehen. Es handelte sich nicht nur um die Todesanzeigen des österreichischen Kaiserhofes, sondern auch um die der befreundeten europäischen Höfe. Die Druckaufträge machten im Durchschnitt von 10 Jahren jährlich ca. einen Betrag von fl 750,- aus. Ein Beispiel herausgegriffen: für den Auftritt von Fanny Elsler in Schönbrunn am 27. Sept.1842 druckte Wallishausser die Eintrittskarten, ein anderes Beispiel ist: Die Forderungen der Verlassenschaft sind erfüllt, die Druckaufträge vom Oberst-Hof-Meisteramt gesichert. Jetzt kann Josefine ihre Aufmerksamkeit den laufenden Geschäften widmen. Interessiert wie sie ist, hat sie ihr Augenmerk auf ein Lokal geworfen, im großen, schönen, neuen Gebäude Hoher Markt 541 [heute Nr. 1] des Freiherrn von Kielmannsegg. Zum ersten Mal ist in der Anzeige in der Wiener Zeitung am 16. 10. 1834 zu lesen: Die J. B. Wallishausser´sche
Buchhandlung, am |
Verleihung des Hoftitels Zehn Jahre nach dem Tod Johann
Baptist II., am 11. November 1841, sucht eine selbstbewusste Josefine
Wallishausser beim Oberstkämmerer Grafen Czernin um die Verleihung
des Hoftitels für die Druckerei an, nicht wie ihr verstorbener
Gatte für die Buchhandlung. Interessant ist, dass Josefine davon
spricht, das die Firma schon im vergangenen Jahrhundert Druckarbeiten
für den Hof und die Hoftheater leistete. [Dies konnte leider nicht
nachvollzogen werden; die einzigen Unterlagen, die gefunden wurden, bezogen
sich auf die Herausgabe der Textbücher für die Hoftheater in
den Jahren 1793–1795.] Auch wird daran erinnert, dass J. B. II.
Kaiser Franz eine Mappe mit 105 Kupferstichen aus den verschiedenen Jahrgängen
der Aglaja überreichte und noch keinerlei Echo von Seiten des Hofes
gekommen ist.
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Neue Theaterzensur Ministerialsitzungsprotokoll vom
7. Aug.1850, Punkt XIII: Theaterzettel Der Druck der Theaterzettel lief ohne besondere Änderungen bis zum Jahre 1850. Jedoch am 2. März 1850 erhielt das löbl. k.k. Finanzministerium ein Schreiben von der General Intendanz, dass die Hof- und Staatsdruckerei ab nun den Druck der Ankündigungen übernehmen solle. Von Ostern d. J. angefangen, wurden
die täglichen Ankündigungen für beide k.k. Hoftheater nicht
mehr durch die Wallishauser’sche Buchdruckerei geliefert. Diesem Schreiben
liegt auf Seite 2 eine Ankündigung der Wallishausser’schen Buchhandlung
und k.k. Buchdruckerei bei, und zwar für „Ein Fürst“
von Friedrich Kaiser. Warum diese Anzeige dem Akt beigeheftet ist, können
wir nicht erklären. Seite 3 beinhaltet die täglichen Auslagen
für die Theaterzettel und auch die Zeiten der Lieferung. Dies ist
auch für die Wallishausser’sche Buchdruckerei interessant, da es
sicher die gleichen Bedingungen waren [HHSTA/Gen. Int.
Karton 43/Burgtheater 1850, Akt 421 u. 514]. Um näher auf
die Beilage der Anzeige „Ein Fürst“ einzugehen, können
wir nur sagen, dass dieses Buch am 29.1.1850 zum ersten Mal als Neuerscheinung
angezeigt wurde [WZ, Rolle 139/S. 319]. Mayer schreibt
in seiner Buchdrucker-Geschichte, Josefine Wallishausser sei wegen des
Druckes von Kaisers beliebtem Volksstück „Mönch und Soldat“
in Ungnade gefallen [Mayer: Buchdrucker-Geschichte. S.
210], es konnte jedoch keine Bekräftigung dieser Aussage gefunden
werden. Wallishausser annonciert das Buch in der WZ am 20. April 1850
als Neuerscheinung [WZ, Rolle 141/ S. 564], die
er bereits am 2. Jänner 1850 avisierte. Es ist unwahrscheinlich,
dass Josefine das Werk ohne Genehmigung der Zensurbehörde druckte.
Es scheint eher von Seiten des Obersthofmeisteramtes oder der Generalintendanz
eine ökonomische Entscheidung gewesen zu sein, die Druckerei zu wechseln.
Es wurde bis jetzt noch kein einziges Dokument gefunden, das bestätigt,
dass Wallishausser in Ungnade fiel. Jedoch finden wir in der Wiener Theaterzeitung
unter „Theater-Neuigkeiten“: Wie Josefine Wallishausser 1852 zu der Information kam, dass es mit dem Druck der Theaterzettel nicht so richtig klappte und es vielleicht eine Möglichkeit gab, wieder die Erlaubnis zum Druck der Theaterzettel zu erlangen, wissen wir nicht. Auf jeden Fall reichte Josefa am 17. October 1852 bei der k.k. Hoftheater-Direction um die Wiederverleihung des Druckes der Theaterzettel an. Die General Intendanz schreibt an das k.k. Finanzministerium, dass sie in Folge übereinstimmender Anträge der Direktionen der beiden k.k. Hoftheater vom 1. Dezember d. J. den Druck der Theaterzettel wieder an die Wallishauser’sche Druckerei geleitet hat [HHStA, Gen.Int.Burgtheater, Karton 48 aus 1852/1855/Prins Pno 421 v. 31.1.1850]. So verblieb der Druck der Theaterzettel bis Ende der 60er Jahre bei der Wallishausser’schen k.k. Hofbuchdruckerei. Josefine war sich nicht zu gut, auch kleinere Aufträge anzunehmen, z. B. folgende Büchlein:
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Wiener Zeitung Aus dieser Graphik, der genaue
Angaben zugrunde liegen, kann man herauslesen, dass die Buchhandlung zuerst
etwas zögerlich mit den Anzeigen begonnen hat. Ab 1842 wurde ein
ganzes Jahrzehnt fleißigst annonciert, nach 1853 sank die Werbetätigkeit
merklich ab. Der Grund war möglicherweise der neue Geschäftsführer
Josef Klemm, der zuerst voll neuer Ideen war, dann aber sichtlich darauf
hinarbeitete, die Buchhandlung äußerst günstig zu erwerben. Ab 15.12.1841 lautet der Kopf
der Anzeigen endlich Manchen Anzeigen der Bücher werden kleine Illustrationen beigefügt. Die an Wallishausser als Verleger von Grillparzers Werken geübte Kritik, er habe keine würdige Gesamtausgabe herausgegeben, erscheint nicht ganz korrekt. Vor Weihnachten, am 18.12.1852, wird eine in 4 Bänden elegant gebundene vollständige Ausgabe seiner Werke annonciert. Frau von Littrow, die zum engsten Kreis von Franz Grillparzer gehörte, fertigte nach seinem Tod 1872 eine Zeichnung für Josefine an, die folgende handschriftliche Bemerkung trägt: Für die Familie seines ihm vorausgegangenen Buchdruckers.
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Anzeigen in verschiedenen Zeitungen Nicht nur in der Wiener Zeitung,
auch in anderen Zeitungen wurde fleißig annonciert, z. B. im Fremdenblatt,
in der „Ostdeutschen Post“, besonders hervorzuheben ist jedoch die „Wiener
Theaterzeitung“ von Adolf Bäuerle mit den Rezensionen in der Spalte
„Aus der literarischen Welt“. Eine kleine Kostprobe: „Zur Freude aller
Liebhaber der Kunst und Literatur ist die „Aglaja“ für 1832, deren
Nichterscheinen wir früher in diesen Blättern mit so herzlichem
Bedauern angekündigt hatten, dennoch ans Licht getreten. Die Kupfer,
von unserem Meister John, sind auch dieses Jahr mit ihrer stets anerkannten
Vortrefflichkeit ausgestattet. Man wird, zumahl in artistischer Hinsicht,
schwerlich in ganz Deutschland, zwey ähnliche Kunstportefeuilles,
wie die „Aglaja“ und „Vesta“ auffinden können." [ÖNB,
MFS 5754, Wiener Theaterzeitung, 8.12.1831, S. 595] Eine Rezension
der Balladen und Romanzen von Johann N. Vogl, Wien 1835, geht weit über
eine Seite hinaus [5.3.1835, S. 183]. Oder: „(Neue
Lustspiele im Repertoir und Druck): Das letzte dramatische Erzeugniß
der Grillparzerschen Muse: „Weh’ dem, der lügt;“ ist nun bei Wallishausser
in zwei eleganten Ausgaben erschienen." [28.10.1839,
S. 1058] Aus diesen Anzeigen ist zu ersehen, wie präsent die Wallishaussersche Buchhandlung war.
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Druck verschiedener Zeitungen Da die Zeitungen mit der 48er-Revolution einen höheren Stellenwert bekamen und das allgemeine Interesse an diesem Medium gestiegen war, widmete sich auch Josefine dem Druck einiger Zeitungen. Aus der Presse Wallishaussers gingen folgende Zeitungen hervor: Das „Wiener Bürger Blatt“, (später „Wiener demokratisches Bürger=Blatt“) von Dr. Frank; die „Damen-Zeitung“, von L. Wollrabe und J. C. Böhm; diverse „Fliegende Blätter“, „Fliegende Zeitung. Volksblatt für Politik und geselliges Leben“, redigiert von Moritz Markbreiter; „Die freie Presse“, ein Volksblatt, redigiert von J. Neidl, sie erschien nur vom 20. Mai bis 23. Juni 1848 (Die Presse, wie wir sie heute kennen, wurde am 3. Juli 1848 zum ersten Mal herausgegeben und von Johann Nepomuk Berger redigiert); „Der Reichstags-Courier“ von J. Neidl; „Der Reichstags-Courier“ von J. Nowack; „Die allgemeine Österreichische Theater Chronik“ von L. Wollrabe; „Vorwärts“ Politisches Volksblatt, redigiert von Phil. Stern; „Wien über Alles“ Zeitschrift für Politik und Interessen des Vaterlandes, für Gemeinwohl und Volksbildung im Allgemeinen. Redigiert von Michael Ottel. All das waren Druckschriften harmloser Art und Josefine Wallishausser lehnte viele Aufträge ab, die ihrem patriotischen Sinne widerstrebten [Mayer: Buchdrucker-Geschichte. S. 210]. Josef Klemm betätigte sich auch schon als Herausgeber einer Zeitschrift. Am 18.12.1853 wird als die beste Original Wochenschrift „Der Salon“, redigiert von Johannes Nordmann, von der Wallishausser´schen Buchhandlung angezeigt („Redaktions=Bureau in Wien, Stadt, Goldschmidgasse Nr. 594; Expedition in J.B. Wallishausser’s Buchhandlung, Stadt, Hohermarkt Nr. 541.“) [WZ, Rolle163/S. 3002]. Um nachempfinden zu können,
mit welchen Schwierigkeiten der Buchhandel noch in den 50er-Jahren des
19. Jhdt. zu kämpfen hatte, geben wir folgenden Artikel wieder: |
Bautätigkeit im Hause Josefstadt 48–49 Die Baufreudigkeit Josefine Wallishaussers begann schon im Jahre 1835. So suchte sie am 7. September 1835 beim Magistrat um die Erlaubnis an, einen Keller mit einer Kellerstiege im Garten, auf der Seite zum Hause 48 zu erbauen. Der Bau des Kellers wurde ihr bereits am 11. September vom Magistrat bewilligt [WStLA, UKA Bauakte Josefstadt,192/1835]. Ein Jahr später, am 3. October 1836, sucht sie um den Bau einer Speis- und Rollkammer an und schon am 18. October 1836 bekommt sie die Erlaubnis, eine Speis- und eine Rollkammer zu ebener Erde mit Gewölbe und Ziegeldach erbauen zu dürfen. Dieser Bau lässt den Rückschluss zu, dass Josefine eine sehr umsichtige und versierte Hausfrau war. Eine eigene Rollkammer zu haben, war sicher nicht in jedem Haus üblich [WStLA, UKA Bauakte Josefstadt, 3541/1836]. Das Streben von Josefine Wallishausser, das Erbe ihrer beiden Kinder zu vermehren, war unermüdlich. Am 10. Juli 1846 ersucht sie beim Civilgericht um Genehmigung, den in der Mitte der Häuser 48 und 49 liegenden Gartengrund von 320 Klaftern zu verbauen. Es sei ein totes Kapital und bringe den Kindern keinen Ertrag. Der Bauakt ist sehr interessant, ist jedoch für diese Arbeit nur eine Nebensache. Die Baulichkeit erfordert einen Betrag von 64000 fl CM. Die endgültige Bausumme beträgt jedoch 67874 fl 26 xr. Es gibt eine genaue Berechnung des zu erwartenden Ertrages, aber auch die Notwendigkeit eines Darlehens. Es wäre ein Darlehen in der Höhe von 15000 fl CM notwendig. Das Darlehen erhält Josefine von der Capitalien und Rentenversicherungs=Anstalt. Erhalten ist ein Entwurf des Schuldscheines vom 1. Oktober 1847. Der Bau scheint sehr zügig vorangegangen
zu sein, denn am 6. August 1847 bekommt Josefine Wallishausser folgende
Genehmigung:
Sammt den Augenscheinsprotokolle aufzubewahren, und wird der Bittstellerin über den vorgenommenen Sanitäts=Augenschein, die Bewilligung ertheilt, das rechts neben der Einfahrt befindliche ebenerdige, aus einem großen Gassengewölbe und Kammer bestehende Lokale Behufs des Ausschankes für die bei diesem Hause beschäftigten Bauarbeitsleute für die Zeit dieses Baues durch den im Hause wohnhaften Weinwirth Nikolaus Ertl sogleich benützen zu lassen. Im darauf folgenden Jahr, am 6. Mai, wird Josefine Wallishausser der Bewohner Consens für den Zubau erteilt [WStLA, Bauakte F3 ad 1191/1847 u. 48]. Am 30. September 1850 muss Josefine
Wallishausser die überzogenen Baukosten
bewilligen lassen. Sie erscheint beim Bezirksgericht mit dem Mitvormund
der Kinder Johann Nepomuk Passy und der Tochter Pauline. Der Sohn Johann
Baptist (III) ist zur Zeit in Leipzig zur Ausbildung und gibt seine schriftliche
Einwilligung, die sehr berührend ist: Es war natürlich von Vorteil, mehr Wohnungen, die dem neuesten Stand entsprachen, vermieten zu können, dies allein war aber nicht ausschlaggebend für Josefine. Sie dachte auch an die Buchdruckerei, die sich als zu klein und nicht mehr zeitgemäß erwies. Im Zuge des Hausumbaues waren dann im Jahre 1848 in der Officin vier eiserne Handpressen und eine Sigl’sche Schnellpresse in Gebrauch [Mayer: Buchdrucker-Geschichte. S. 209].
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Wiederverehelichung von Josefine Wallishausser Wie erinnerlich war Josefine Wallishausser
zum Zeitpunkt des Todes ihres Gatten 29 Jahre alt. Sie hat sich bewundernswert
in ihr umfangreiches Arbeitsgebiet eingearbeitet und ist eine selbstsichere
Geschäftsfrau geworden. Im Jahre 1849 hat sie viel erreicht: ein
schönes Geschäftslokal am Hohen Markt, eine gut gehende Buchhandlung
und eine zeitgemäss umgebaute Buchdruckerei, ein vergrößertes
und modernisiertes Gebäude. Auch die Kinder sind erwachsen. Die Tochter
ist 20, der Sohn 19 Jahre. Johann Baptist (III) befindet sich noch in
Leipzig. Nun ist es Zeit auch etwas an sich zu denken. Mit 47 Jahren heiratet
sie den ihr schon durch Jahrzehnte freundschaftlich verbundenen Johann
Nepomuk Neuwirth, k. k. Polizei Obercommissär. Es gab jedoch einige
Schwierigkeiten. Sie musste bei dem Merkantil-u. Wechselgericht
ansuchen, um die Buchhandlung und die Buchdruckerei bis zur Großjährigkeit
ihres Sohnes fortführen zu dürfen und klarstellen, dass ihr
Gatte sich in keiner Weise in die Geschäftsführung einmische. Hier eine Unterschrift aus dem Jahr 1852, „nun verehelichte Neuwirth“, „Buchdruckerei Besitzerin“. |
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Verhältnisse des Zwischenbuchhandels um die Jahrhundertmitte Leipziger Kommissionär:
Wilhelm Engelmann Wien wird Kommissionsplatz Zensur Am 17. April 1850 nachmittags wurden im Auftrage des Civil- und Militär-Gouverneurs, Baron von Welden, in sämmtlichen Buchhandlungen Wiens Revisionen vorgenommen und viele schädliche, die Religionsbegriffe verwirrende Bücher von seiten der Stadthauptmannschaft mit Beschlag belegt. In dem Artikel werden etliche religiöse Bücher angeführt, und beinahe in allen Buchhandlungen wurden solche Bücher als Commissionsartikel gefunden [Wiener Theaterzeitung vom 19.4.1850, S. 374].
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Kehren wir nun wieder zu den geschäftlichen Abläufen der Buchhandlung zurück. Herr Ferdinand Ludwig Scheurer war ein der Familie Wallishausser treu ergebener Geschäftsführer. Bei den vielen bei Wallishausser erschienenen Büchern dürfen wir ein Buch über eine neue Methode des Abhorchens nicht übersehen, die sicher bei jedem von uns schon einmal angewandt wurde: Auch im Notendruck versuchte sich Wallishausser. Das bekannte Gesangsbuch für Gymnasialschulen „Hymni Sacri“ von Josepho Ferdinando Kloss erschien 1854 im Verlag und war über Jahrzehnte im Repertoir des Verlages. Korrespondenz Sehr umfangreich ist die uns erhaltene Korrespondenz dieser Ära nicht. Im September 1835 schreibt Herr Saphir an Wallishausser wegen Druckes seiner Reisebeschreibung aus Italien, dieses Projekt scheint aber nicht zu Stande gekommen zu sein. Erhalten ist ein Schreiben an Herrn v. Feldmann von 1851 über seine Arbeit „Deutsche Original Lustspiele“, die 1852 bei Wallishausser erschienen ist. Danach tritt schon Klemm als Verfasser der Schreiben der Wallishausserschen Buchhandlung in Erscheinung. Wir haben eine Absage an Dr. Wurzbach, betreffend die „Geschichte der polnischen Literatur“ aus dem Jahre 1852 und in einem Brief vom 25. September 1854 an Dr. J. G. Seidl geht es um „Schiller’s Manen“. Hier zeigt sich schon das In-den-Vordergrund-Drängen Joseph Klemms und die systematische Zurückstellung von Josefine Wallishausser. Die Loyalität Klemms gegenüber Wallishausser ist nicht mehr in dem Maße vorhanden wie noch bei Friedrich Scheurer. Gesellschaft der Musikfreunde Die nun schon über Jahrzehnte gehende Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Musikfreunde wird auch unter Josefine Wallishausser fortgesetzt. Sie war Mitglied zuerst unter dem Namen „Wallishausser. Josepha, k.k. Hoftheater=Buchdruckerei=Besitzerin“, später unter „Herr Neuwirth Joh k.k. Polizei Oberkommissär, Frau Neuwirth Josefa, dessen Gattin“. Am 13. Jänner 1852 ergeht ein Schreiben an das Merkantil- und Wechselgericht, mit der Mitteilung, der Geschäftsführer Hr. Scheurer sei verstorben und es kommt zu einer Änderung in der Geschäftsführung. Es wird ersucht, die Protokollierung der Prokura zu löschen. Von nun an ist nur Josefine Wallishausser verehel. Neuwirth allein zeichnungsberechtigt. Dieses Schreiben wurde schon von Josef Klemm verfasst wurde. Kurz danach schreibt Josefine Wallishausser wieder an das Handelsgericht: Ich habe die Geschäfts=Leitung
meiner Buchhandlung Herrn Josef Klemm, welcher seit 1835 im Buchhandel
arbeitet, übertragen, und darüber durch den löbl. Wiener Magistrat bereits
Anzeige an die Hohe k.k. Staathalterey veranlasst. Per procura ertheile
ich Herrn J. Klemm nicht, sondern behalte mir vor selbst zu firmiren. Von dem Magistrate
der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien ergeht am 2. Juny 1855 ein Schreiben
an das Handelsgericht, in dem mitgeteilt wird, dass Josefine Wallishausser
verehelichte Neuwirth, Buchdruckerey Inhaberin aus dem Merkantil Protokoll
gestrichen wurde und die Befugnis an ihren Sohne Johann Baptist übergegangen
ist. Die Buchhandlungsbefugnis bleibe jedoch noch aufrecht.
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Obwohl die Bilanz von Josef Klemm unterfertigt wurde, betrifft sie noch die Ära von Josefine Wallishausser. Bilanz der J. B. Wallishausser´schen Buchhandlung
[WStLA, Merkantil Protokoll 1850–63, Klemm Josef, Bd. 9/Fol. 2/2 R.Nr. 137] Mit einem
Schreiben vom 29. September 1856 wird auch die Buchhandlungsbefugnis von
Josefine Wallishausser gelöscht und an Herrn Josef Klemm überschrieben.
Nach dieser letzten geschäftlichen Transaktion hat sich Josefine Wallishausser
aus dem Geschäftsleben zurückgezogen. Wieviel Plage und Mühe die
Wallishausser auch in den Aufbau der Buchhandlung investiert haben, ihre
Zeit ist nun vorbei. Geblieben ist nur der Firmenname, der sich noch über
100 Jahre erhalten sollte. Warum Josefine die Buchhandlung nicht an ihren
Sohn übergab oder verkaufte, ist nicht bekannt, es ist jedoch anzunehmen,
dass Joh. Bapt. (III.) die Situation nicht richtig einschätzte und
kein Animo zur Führung der Buchhandlung und des Verlages, sondern
nur ein Interesse an der Buchdruckerei hatte. Josefine ist nun 54 Jahre
alt, hat ein sehr erfolgreiches, nicht immer einfaches Leben hinter sich.
Die Buchdruckerei wurde unter ihrer Ägide ausgebaut, modernisiert und
druckte viele geschmackvolle und korrekt verlegte Werke. Sie kann auf
ein erfülltes Leben zurückblicken. Privat hatte sie nicht soviel Glück
und musste viele prägende Schicksalsschläge hinnehmen. |