Josefine Wallishausser
1802–1880

Trotz allen Bemühungen ist es nicht gelungen, von Josefine Wallishausser ein Portrait oder eine Fotographie zu finden. Sie ist nur durch ihre Signatur belegt [da sie selbst teilweise mit Josepha, Josefa oder Josefine unterfertigte, haben wir uns im Text für Josefine entschieden].

Wieder ist es eine Witwe, welche die Geschäfte übernimmt, und trotzdem ist es eine ganz andere Situation, als bei Theresia im Jahre 1810. Josefine Wallishausser, geb. Tusch, ist 29 Jahre alt, die Tochter Pauline ist 1 3/4 Jahre und der Sohn Johann Baptist nicht ganz 2 Monate alt. Der Mitvormund wird S. A. Steiner, Vorsteher der Kunsthändler am Graben. Als Curator wird Dr. Springer ernannt. Josefine übernimmt eine große Aufgabe. Außer den Kindern hat sie noch die Buchhandlung, hier steht ihr der langjährige Buchhalter Friedrich Scheurer zur Seite, der nun Geschäftsführer wird. In der Buchdruckerei arbeitet Herr Kriebitz, der ebenfalls ein langjähriger Angestellter von J. B. Wallishausser war, und zusätzlich muss sie noch die Verwaltung der Häuser 48 und 49 in der Josefstadt übernehmen. Zu diesen Verpflichtungen kommt nun die Aufgabe hinzu, die Verlassenschaft im Sinne des Testaments ihres Gatten zu erfüllen und die Legate auszuzahlen.

Schon am 23. Oktober unterschreibt Josefine die bedingte Erberklärung. Zur Fortführung der Buchhandlung benötigt sie die obervormundschaftliche Genehmigung, um sie dem Merkantil- und Wechselgericht vorlegen zu können. Auch der bereits von J. B. Wallishausser als Geschäftsführer vorgeschlagene Buchhalter Friedrich Scheurer bedarf der Genehmigung. Die Schätzung der Häuser wird durch zwei Gutachter erstellt und beläuft sich auf 36.600 C.M. Da die Buchhandlung zu Lebzeiten an Josepha ging, haben wir leider keinerlei Angaben über den Bücherbestand. Dieser wird in Ballen gemessen; über die Utensilien in der Druckerei steht uns eine Inventarliste zur Verfügung. Die Pflichttheil-Ausweisung wurde am 13. Jänner 1833 vorgelegt und der Antrag für die Einantwortung der Verlassenschaft erfolgte am 12. Oktober 1833. Damit war die Verlassenschaft so gut wie abgehandelt. Ab nun wurde vom Magistrat mit Argusaugen über das Erbe der minderjährigen Kinder gewacht.

In der Zwischenzeit, genauer gesagt am 1. August 1832, gibt die Firma J. B. Wallishausser ein Rundschreiben heraus, um den Freunden und Kollegen die Änderung in der Firmenleitung bekannt zu geben.

Deutsche Bibliothek Leipzig

 

K.K. Merkantil- und Wechselgericht

Josefa Wallishaussers Merkantilakt beginnt mit der Anzeige des Todes ihres Gatten durch das Gremium der Buchhändler:

Das Gremium der hiesigen bürgl. Buchhändler und Antiquare macht hiermit pflichtgemäß Anzeige von dem am 11ten Oktober l. J. [1831] nachts um 12 Uhr erfolgten Ableben des bürgerl. Buchhändlers und Buchdruckers Johann Baptist Wallishauser.

Es wird angeordnet, dass die Witwe mit der Sperrs-Relation und allfälligem Testamente beim Merkantil- und Wechselgericht zu erscheinen hat. Sie erklärt nun vor dem Wechselgericht, sie wolle die Buchhandlung ihres verstorbenen Gatten unter seinem Namen weiterführen. Dazu benötigt sie die Genehmigung der Obervormundschaftsbehörde.1832 ergeht vom Magistrat als Abhandlungs- und Obervormundschaftsbehörde folgendes Dokument:

Es wird kein Anstand genommen, dass die Bittstellerin (Josepha Wallishausser) die Buchhandlung ihres verstorbenen Ehegatten Joh. Bapt. Wallishauser mit der auf den Nahmen desselben einstweilen lautende Firma fortführen kön[n]e, dieß Gesuch ohne Beilagen ist aufzubehalten, u. dessen die Bittstellerin rathschlägig zu verständigen
Den 24. May (1)832

Auch der noch von J.B. Wallishausser als Geschäftsführer für die Buchhandlung vorgeschlagene Buchhalter Friedrich Scheurer bedarf des Nachweises seiner Fähigkeiten, um die Genehmigung zu erhalten. Nachdem alle Unterlagen erbracht und die Genehmigungen erteilt wurden, konnte Josefine die Buchhandlung offiziell weiterführen. So wie für die Buchhandlung brauchte sie auch für die Buchdruckerei einen Geschäftsführer. 1837 wurde Friedrich Kriebitsch, der schon bei Joh. Bapt. Wallishausser II. angestellt war, als Geschäftsführer für die Buchdruckerei bestätigt. Ab 1853 stand ihr Philipp Lowatsch in der Buchdruckerei zur Seite [Mayer, Buchdrucker-Geschichte. S. 209]. Noch im Jahre 1832 verkauften Josepha und ihre Mutter Theresia Tusch das ihnen gehörige Haus in Hietzing Nr. 31 um fl 6000. Es wird der Eindruck erweckt, dass Josefine mit dem Geld aus dem Verkauf die Legate im Testament ihres Gatten so schnell wie möglich auszahlen wollte. Im Mai 1833 legte Josefine dem Merkantil- und Wechselgericht eine Bilanz vor.

 

Bilanz
der Buchhandlung und Buchdruckerey JB Wallishauhser (Besitzerin Josephine Wallishauhser, Witwe)

Jahr
Monat
Conv.
Mze
  Jahr
Monat
Conv.
Mze
 
20. May 1833
  20. May 1833
 
Creditores ausländische
2795
  Laut Schätzung, Werth der Buchhandlung an Verlags Artikel, Sortiment, eingegangener Leihbibliothek, antiquarischen Werken - dann der Buchdruckerey, dazugehöriger Typen Pressen und Utensilien
8000
 
inländische
540
24  
Für angekauften Papier Vorrath für die Buchhandlung und Buchdruckerei
1460
   
   
Für neue Buchdruckerey Typen und Pressen Reperaturen [!]
550
   
  An Baar ausgewiesenen zwey Central-Casse Anweisungen a f 1000
2000
 
An noch schuldigen Autoren Honorar
594
   
Es ergibt sich demnach ein Activ-Vermögensstand von
13666
19 Seit dem Tode des H.J.B. Wallishauhser kamen an neuen guten Vertragswerken ins Geschäft im Ladenpreise f 10400. diese Summe nur zu 33 1/3 % angenommen, ergibt einen Werth von
3466
40
 
 
 
 
  An Debitores, guten ausländischen
2507
36
  An mittelmäßig guten im Ausland f 1362- diese nur mit 50 % angen. ergeben
681
 
   
  An Debitores inländisch guten
1730
 
  mäßig guten f 1200- diese nur zu 33 1/3 %angenommen, ergeben
400
 
   
  An Wechseln
350
 
  An Cassa
470
27
     
f 19605
43      
f 19605
43
     
       
 
Josepha Wallishausser
k.k.priv. Buchhändlers u. Buchdruckers
Witwe
F.S. Scheurer
Geschäftsführer

daß wir obenstehende Bilanz der
F.B. Wallishauserschen Buchhandlung
sowohl mit ihrem Soll und Haben
in einer Summe von Gulden Neunzehntausend
sechshundert und 43 x Convmz mit den
Büchern, sowie in dem Stand des Waren=
lagers laut Inventarium vollkommen
gleich lautend befunden, bestättigen wir hiemit

Carl Armbruster privil Buchhändler und Bücherschätzmeister des k.k.n.ö.Landrechts
Carl Kupfer
beeideter Bücher-
schätzmeister des Löbl.k.k.Merkantill und
Wechselgerichts
Wien 20 May 1833

[WStLA, Merkantil-Akt. Prof. IV. Lit. WN 177 Fz. 3]
Anhand der Bilanz von 1833 und dem Umrechnungskurs der Statistik Austria (Mai 2007) von € 17,48 kann die Vermögenslage von J. B. Wallishausser II. besser beurteilt werden. Der Activ-Vermögensstand beträgt fl 13666,19, das sind € 238.877,20.

Oberst-Hof-Meisteramt

Am 24. October 1831, 13 Tage nach dem Tod des Gatten sucht Josefine beim Oberst-Hof-Meisteramt um die Beibehaltung der Bewilligung von Druckaufträgen für die Firma Wallishausser an. Hier kann von einer sehr prompten Erledigung gesprochen werden. Zwei Tage später, am 26. October 1831, wird Josefine verständigt, dass der Kontrakt mit der Firma Wallishausser auch unter ihrer Leitung zu den gleichen Bedingungen und Preisen aufrecht bleibt [HHStA, OMea, 1831, Kart. 371/Nr. 4-14/54, Akt 12/17]. Dieses Schreiben bedeutet für Josefine eine Erleichterung, da regelmässige Druckaufträge damit gesichert waren. Wie viele Anzeigen allein für die jeweiligen Todesfälle gedruckt wurden haben wir statistisch nicht festgehalten, durchschnittlich kann man von 1000 Anzeigen bei einem Todesfall ausgehen. Es handelte sich nicht nur um die Todesanzeigen des österreichischen Kaiserhofes, sondern auch um die der befreundeten europäischen Höfe. Die Druckaufträge machten im Durchschnitt von 10 Jahren jährlich ca. einen Betrag von fl 750,- aus. Ein Beispiel herausgegriffen: für den Auftritt von Fanny Elsler in Schönbrunn am 27. Sept.1842 druckte Wallishausser die Eintrittskarten, ein anderes Beispiel ist:

Standorte

Die Forderungen der Verlassenschaft sind erfüllt, die Druckaufträge vom Oberst-Hof-Meisteramt gesichert. Jetzt kann Josefine ihre Aufmerksamkeit den laufenden Geschäften widmen. Interessiert wie sie ist, hat sie ihr Augenmerk auf ein Lokal geworfen, im großen, schönen, neuen Gebäude Hoher Markt 541 [heute Nr. 1] des Freiherrn von Kielmannsegg. Zum ersten Mal ist in der Anzeige in der Wiener Zeitung am 16. 10. 1834 zu lesen:

Die J. B. Wallishausser´sche Buchhandlung, am
hohen Markt Nr. 545, ist seit Michaeli in das
Freyh. v. Kielmannsegg´sche Haus Nr. 541
a n demselben Platz verlegt, und empfiehlt sich der bisher
genossenen Gunst eines hohen Adels und verehrten literar.
Publicums auch für die Folge. Die prompteste und billigste
Bedienung in allen Fächern der Literatur wird wie bisher Statt
finden. Daselbst ist zu haben
In der Original-Ausgabe für 5 Gulden 24 Kreuzer C.M.
Fr. von Schiller´s Werke. u.s.w.

[Wr. Zeitung vom 16. 10.1834. S. 962]

 

Verleihung des Hoftitels

Zehn Jahre nach dem Tod Johann Baptist II., am 11. November 1841, sucht eine selbstbewusste Josefine Wallishausser beim Oberstkämmerer Grafen Czernin um die Verleihung des Hoftitels für die Druckerei an, nicht wie ihr verstorbener Gatte für die Buchhandlung. Interessant ist, dass Josefine davon spricht, das die Firma schon im vergangenen Jahrhundert Druckarbeiten für den Hof und die Hoftheater leistete. [Dies konnte leider nicht nachvollzogen werden; die einzigen Unterlagen, die gefunden wurden, bezogen sich auf die Herausgabe der Textbücher für die Hoftheater in den Jahren 1793–1795.] Auch wird daran erinnert, dass J. B. II. Kaiser Franz eine Mappe mit 105 Kupferstichen aus den verschiedenen Jahrgängen der Aglaja überreichte und noch keinerlei Echo von Seiten des Hofes gekommen ist.
Josefine Wallishausser sucht also um den Titel einer k. k. Hofbuchdruckerin und Hoftheater-Buchdruckerin an und erhält ihn noch im November 1841 [HHStA, Oberst Kämmerer Amt, Karton 348B/1841 Akt 2245].

 

Neue Theaterzensur

Ministerialsitzungsprotokoll vom 7. Aug.1850, Punkt XIII:
Der Culturminister verweist auf die Notwendigkeit der Wiedereinführung der Theaterzensur, Finanzminister Krauß verweist auf das Beispiel Frankreichs; eine Abschaffung der Theaterzensur habe eigentlich weder dort noch hier stattgefunden (sie ergab sich aus der Auflösung der Polizei- und Zensurhofstelle 1848). [HHSTA, Ministerratsprotokoll Nr. 137 (MRZ 3262) ex 1850, fol. 213.]

Theaterzettel

Der Druck der Theaterzettel lief ohne besondere Änderungen bis zum Jahre 1850. Jedoch am 2. März 1850 erhielt das löbl. k.k. Finanzministerium ein Schreiben von der General Intendanz, dass die Hof- und Staatsdruckerei ab nun den Druck der Ankündigungen übernehmen solle.

Von Ostern d. J. angefangen, wurden die täglichen Ankündigungen für beide k.k. Hoftheater nicht mehr durch die Wallishauser’sche Buchdruckerei geliefert. Diesem Schreiben liegt auf Seite 2 eine Ankündigung der Wallishausser’schen Buchhandlung und k.k. Buchdruckerei bei, und zwar für „Ein Fürst“ von Friedrich Kaiser. Warum diese Anzeige dem Akt beigeheftet ist, können wir nicht erklären. Seite 3 beinhaltet die täglichen Auslagen für die Theaterzettel und auch die Zeiten der Lieferung. Dies ist auch für die Wallishausser’sche Buchdruckerei interessant, da es sicher die gleichen Bedingungen waren [HHSTA/Gen. Int. Karton 43/Burgtheater 1850, Akt 421 u. 514]. Um näher auf die Beilage der Anzeige „Ein Fürst“ einzugehen, können wir nur sagen, dass dieses Buch am 29.1.1850 zum ersten Mal als Neuerscheinung angezeigt wurde [WZ, Rolle 139/S. 319]. Mayer schreibt in seiner Buchdrucker-Geschichte, Josefine Wallishausser sei wegen des Druckes von Kaisers beliebtem Volksstück „Mönch und Soldat“ in Ungnade gefallen [Mayer: Buchdrucker-Geschichte. S. 210], es konnte jedoch keine Bekräftigung dieser Aussage gefunden werden. Wallishausser annonciert das Buch in der WZ am 20. April 1850 als Neuerscheinung [WZ, Rolle 141/ S. 564], die er bereits am 2. Jänner 1850 avisierte. Es ist unwahrscheinlich, dass Josefine das Werk ohne Genehmigung der Zensurbehörde druckte. Es scheint eher von Seiten des Obersthofmeisteramtes oder der Generalintendanz eine ökonomische Entscheidung gewesen zu sein, die Druckerei zu wechseln. Es wurde bis jetzt noch kein einziges Dokument gefunden, das bestätigt, dass Wallishausser in Ungnade fiel. Jedoch finden wir in der Wiener Theaterzeitung unter „Theater-Neuigkeiten“:
„Seit dem ersten April werden die Theaterzettel der beiden Hoftheater sehr elegant gedruckt, die Lettern sind auffallend schön und das Papier ist weiß und fein. Die Wallishaussersche Buchdruckerei hat die Besorgung der Zettel verloren, und man will wissen, weil dieselbe den Druck eines Theaterstückes von einer Vorstadtbühne übernommen, das seiner anstößigen Tendenz wegen, vom Repertoire weg gewiesen werden musste.“ [Wr. Theaterzeitung, 4.4.1850, S. 323]

Wie Josefine Wallishausser 1852 zu der Information kam, dass es mit dem Druck der Theaterzettel nicht so richtig klappte und es vielleicht eine Möglichkeit gab, wieder die Erlaubnis zum Druck der Theaterzettel zu erlangen, wissen wir nicht. Auf jeden Fall reichte Josefa am 17. October 1852 bei der k.k. Hoftheater-Direction um die Wiederverleihung des Druckes der Theaterzettel an. Die General Intendanz schreibt an das k.k. Finanzministerium, dass sie in Folge übereinstimmender Anträge der Direktionen der beiden k.k. Hoftheater vom 1. Dezember d. J. den Druck der Theaterzettel wieder an die Wallishauser’sche Druckerei geleitet hat [HHStA, Gen.Int.Burgtheater, Karton 48 aus 1852/1855/Prins Pno 421 v. 31.1.1850]. So verblieb der Druck der Theaterzettel bis Ende der 60er Jahre bei der Wallishausser’schen k.k. Hofbuchdruckerei.

Josefine war sich nicht zu gut, auch kleinere Aufträge anzunehmen, z. B. folgende Büchlein:

 

Wiener Zeitung

Aus dieser Graphik, der genaue Angaben zugrunde liegen, kann man herauslesen, dass die Buchhandlung zuerst etwas zögerlich mit den Anzeigen begonnen hat. Ab 1842 wurde ein ganzes Jahrzehnt fleißigst annonciert, nach 1853 sank die Werbetätigkeit merklich ab. Der Grund war möglicherweise der neue Geschäftsführer Josef Klemm, der zuerst voll neuer Ideen war, dann aber sichtlich darauf hinarbeitete, die Buchhandlung äußerst günstig zu erwerben.
1837 annonciert auch die Buchhandlung Sammer in der Wiener Zeitung das Taschenbuch Aglaja und zwar bietet sie die Jahrgänge von 1815–1832 an. Die zweite verbesserte Auflage von Nestroys „Der böse Geist Lumpacivagabundus“ wird am 7.11.1838 angezeigt. Wie auch schon ihre Vorgänger annonciert Josefine Wallishausser gemeinsam mit anderen Wiener Buchhändlern Neuerscheinungen aus dem Verlag C. A. Hartleben in Pesth. Josefine hat das Geschäft mit antiquarischen Büchern wie ihre Vorgänger beibehalten, und zum ersten Mal erscheint in der Wiener Zeitung am 6.2.1847 anschließend an eine Anzeige über Neuerscheinungen die Meldung: „Ebendaselbst wird gesucht: Neu oder antiquarisch gut erhalten: Ruttenstock institut. hist. eccl.“

Ab 15.12.1841 lautet der Kopf der Anzeigen endlich
„J. B. Wallishausser Buchhändler und k.k. Hoftheater Buchdrucker am Hohen Markt 541“
.

Manchen Anzeigen der Bücher werden kleine Illustrationen beigefügt. Die an Wallishausser als Verleger von Grillparzers Werken geübte Kritik, er habe keine würdige Gesamtausgabe herausgegeben, erscheint nicht ganz korrekt. Vor Weihnachten, am 18.12.1852, wird eine in 4 Bänden elegant gebundene vollständige Ausgabe seiner Werke annonciert.

Frau von Littrow, die zum engsten Kreis von Franz Grillparzer gehörte, fertigte nach seinem Tod 1872 eine Zeichnung für Josefine an, die folgende handschriftliche Bemerkung trägt: Für die Familie seines ihm vorausgegangenen Buchdruckers.

 

Anzeigen in verschiedenen Zeitungen

Nicht nur in der Wiener Zeitung, auch in anderen Zeitungen wurde fleißig annonciert, z. B. im Fremdenblatt, in der „Ostdeutschen Post“, besonders hervorzuheben ist jedoch die „Wiener Theaterzeitung“ von Adolf Bäuerle mit den Rezensionen in der Spalte „Aus der literarischen Welt“. Eine kleine Kostprobe: „Zur Freude aller Liebhaber der Kunst und Literatur ist die „Aglaja“ für 1832, deren Nichterscheinen wir früher in diesen Blättern mit so herzlichem Bedauern angekündigt hatten, dennoch ans Licht getreten. Die Kupfer, von unserem Meister John, sind auch dieses Jahr mit ihrer stets anerkannten Vortrefflichkeit ausgestattet. Man wird, zumahl in artistischer Hinsicht, schwerlich in ganz Deutschland, zwey ähnliche Kunstportefeuilles, wie die „Aglaja“ und „Vesta“ auffinden können." [ÖNB, MFS 5754, Wiener Theaterzeitung, 8.12.1831, S. 595] Eine Rezension der Balladen und Romanzen von Johann N. Vogl, Wien 1835, geht weit über eine Seite hinaus [5.3.1835, S. 183]. Oder: „(Neue Lustspiele im Repertoir und Druck): Das letzte dramatische Erzeugniß der Grillparzerschen Muse: „Weh’ dem, der lügt;“ ist nun bei Wallishausser in zwei eleganten Ausgaben erschienen." [28.10.1839, S. 1058]
Am 9.11.1840, S. 1232 finden wir eine ganze Spalte über die Tätigkeit der Wallishausserschen Verlagsbuchhandlung:
„Kurze Aesthetik für junge Damen, als Encyklopädie der schönen Künste, sodann Balladen und Romanzen von Johann Nep. Vogl. Neueste Folge 3. Bdchn., Handbuch der französischen Sprache von J. B. Hofstetter, Professor der französischen und polnischen Sprache und ihrer Literatur an der k. k. Theres. Ritterakademie, Neuer Liederfrühling von Johann Nep. Vogl. Und eine ganze Anzahl von Theaterwerken. Nachdem in diesem Verlag nicht nur die Werke unserer ersten dramatischen Dichter, wie Grillparzer, Deinhardstein, Bauernfeld, Mad. Weissenthurn erscheinen, sondern auch Marchlands, Treitschkes, Castellis, Kochs neueste Spenden, dann auch der Localdichter Nestroy und Hopps heitere Werkchen, versteht sich letztere nur mit Auswahl, einen thätigen Verleger finden, so kann man den alten Ruf dieser Buchhandlung, die besten Bühnenstücke zu ediren, hier nur bestätigt finden, und zu der Thätigkeit Glück wünschen, mit welcher die Wallishausser’sche Buchhandlung, besonders unter der umsichtigen Geschäftsleitung des wackeren Hrn. Scheurer immerwährend fortschreitet." In dem Absatz „Aus der Kunstwelt“ ist zu finden: „(Die Medaille auf Franz Grillparzers Geburtstagsfest) kann gegenwärtig im Wege des Buchhandels bei Wallishausser in Wien, und bei Engelmann in Leipzig bezogen werden." [30.7.1841, S. 800]
Wie schon ihren Gatten, finden wir auch Josefine Wallishausser bei den verschiedensten sozialen Aktivitäten vertreten, so bei dem Aufruf von Adolf Bäuerle für die Opfer des Brandes der Stadt Steyr zu spenden. Herr Theaterdirektor Pokorny vom Josefstädter Theater spendete den Erlös der Vorstellung des Stückes „Der Zauberschleier“ für die Opfer des Brandes in Steyr. Wörtlich heißt es hier: „Die Hoftheater=Buchdruckerei der Mad. Jos. Wallishausser hat die Ankündigungen und Zettel zu dieser Vorstellung unentgeltlich geliefert." [10.6.1842, S. 616] Die 3. Auflage der Balladen und Romanzen von Vogl findet auch in Italien (ein seltener Fall bei deutschen Erzeugnissen) einen höchst freundlichen Anklang. Abgesehen davon, dass italienische Übersetzungen in Zeitblättern erschienen, einer der vorzüglichsten Schriftsteller Italiens beabsichtigt, eine Auswahl aus Vogls Balladen in italienischer Übersetzung erscheinen zu lassen. „Il Pirata“ in Mailand äußert sich (Venerdi, 24 Luglio N.7) auf folgende Weise über diese Übersetzung: „Dal librajo-editore Wallishausser in Vienna, or’ora vide la luce un prezioso volume, che contiene piu die 300 poesie di srupenda fattura. Autore n’e il chiarissimo sig.G.N.Vogl, il benemerito Estensore de Morgenblatt Austriaco meritamente reputato il piu celebre vivente alemanno poeta di Ballate. L’Opera e adorna del ritratto del sommo poeta. Questa terza edizione rifulge anche per molta eleganza tipografica. Diverse di si leggiadre et interessanti poesie, tanto decautate né foglio nazionali et esteri, presto vedranno la luce in isplendida veste italiana, essendosi di clò incaricato um ingegno, del quale gI’ Italiani ben a diritto possono vantarsi.“ [24.8.1846, S. 808; deutsche Übersetzung]
Über den Charakter von Josefine Wallishausser erfahren wir mehr in dem Artikel über Mode und geselliges Leben: „Es wird ein neuer ehrenvoller Verein gegründet. Von Humanität und Frauenmilde ins Leben gerufen, hat sich in der Josefstadt, Alservorstadt und Altlerchenfeld ein Kreis von Frauen gebildet, der sich die Unterstützung wahrer Noth zur schönen Aufgabe gemacht hat. Die verwitwete Frau Wallishausser, Hauseigenthümerin und Besitzerin der bekannten Buchdruckerei und Buchhandlung, steht mit der ihr eigenthümlichen Gesinnungstüchtigkeit und Zartheit des Gefühls demselben gegenwärtig vor.“ [17.3.1849, S. 258–259] Keine Buchbesprechung, aber eine kleine Einschaltung: „Straußs Ankunft im Elysium. - Seinen zahlreichen Freunden und Verehrern gewidmet, von Karl Meisl. Dieses Gedicht ist soeben in der Buchhandlung von J. B. Wallishausser erschienen.“ [6.10.1849, S. 956] „In Wallishaussers Buchhandlung ist vor wenigen Tagen ein neuer Catalog aller im dortigen Verlage erschienenen Theaterstücke erschienen. Es weiset dieser Catalog eine Menge theatralischer Seltenheiten aus worunter sich viele zur neuen, zeitgemäßen Bearbeitung eignen.“ [20.1.1854, S. 71] Die mehrmaligen Anzeigen über den russisch-türkischen Kriegsschauplatz lassen uns vermuten, dass dieses Buch ein echter Kassenschlager war.

Aus diesen Anzeigen ist zu ersehen, wie präsent die Wallishaussersche Buchhandlung war.

 

 

Druck verschiedener Zeitungen

Da die Zeitungen mit der 48er-Revolution einen höheren Stellenwert bekamen und das allgemeine Interesse an diesem Medium gestiegen war, widmete sich auch Josefine dem Druck einiger Zeitungen. Aus der Presse Wallishaussers gingen folgende Zeitungen hervor: Das „Wiener Bürger Blatt“, (später „Wiener demokratisches Bürger=Blatt“) von Dr. Frank; die „Damen-Zeitung“, von L. Wollrabe und J. C. Böhm; diverse „Fliegende Blätter“, „Fliegende Zeitung. Volksblatt für Politik und geselliges Leben“, redigiert von Moritz Markbreiter; „Die freie Presse“, ein Volksblatt, redigiert von J. Neidl, sie erschien nur vom 20. Mai bis 23. Juni 1848 (Die Presse, wie wir sie heute kennen, wurde am 3. Juli 1848 zum ersten Mal herausgegeben und von Johann Nepomuk Berger redigiert); „Der Reichstags-Courier“ von J. Neidl; „Der Reichstags-Courier“ von J. Nowack; „Die allgemeine Österreichische Theater Chronik“ von L. Wollrabe; „Vorwärts“ Politisches Volksblatt, redigiert von Phil. Stern; „Wien über Alles“ Zeitschrift für Politik und Interessen des Vaterlandes, für Gemeinwohl und Volksbildung im Allgemeinen. Redigiert von Michael Ottel. All das waren Druckschriften harmloser Art und Josefine Wallishausser lehnte viele Aufträge ab, die ihrem patriotischen Sinne widerstrebten [Mayer: Buchdrucker-Geschichte. S. 210]. Josef Klemm betätigte sich auch schon als Herausgeber einer Zeitschrift. Am 18.12.1853 wird als die beste Original Wochenschrift „Der Salon“, redigiert von Johannes Nordmann, von der Wallishausser´schen Buchhandlung angezeigt („Redaktions=Bureau in Wien, Stadt, Goldschmidgasse Nr. 594; Expedition in J.B. Wallishausser’s Buchhandlung, Stadt, Hohermarkt Nr. 541.“) [WZ, Rolle163/S. 3002].

Um nachempfinden zu können, mit welchen Schwierigkeiten der Buchhandel noch in den 50er-Jahren des 19. Jhdt. zu kämpfen hatte, geben wir folgenden Artikel wieder:
„Verbotene Bücher. Am 17. April [1850], Nachmittags, wurde im Auftrag des Civil- und Militär-Gouverneurs, Baron von Welden, in sämmtlichen Buchhandlungen Wiens Revisionen vorgenommen, und viele schädliche, die Religionsbegriffe verwirrende Bücher von Seiten der Stadthauptmannschaft mit Beschlag belegt.“ [Wiener allgemeine Theaterzeitung, 43. Jg., Nr. 94 v. 19.4.1850, S. 374.]

Bautätigkeit im Hause Josefstadt 48–49

Die Baufreudigkeit Josefine Wallishaussers begann schon im Jahre 1835. So suchte sie am 7. September 1835 beim Magistrat um die Erlaubnis an, einen Keller mit einer Kellerstiege im Garten, auf der Seite zum Hause 48 zu erbauen. Der Bau des Kellers wurde ihr bereits am 11. September vom Magistrat bewilligt [WStLA, UKA Bauakte Josefstadt,192/1835]. Ein Jahr später, am 3. October 1836, sucht sie um den Bau einer Speis- und Rollkammer an und schon am 18. October 1836 bekommt sie die Erlaubnis, eine Speis- und eine Rollkammer zu ebener Erde mit Gewölbe und Ziegeldach erbauen zu dürfen. Dieser Bau lässt den Rückschluss zu, dass Josefine eine sehr umsichtige und versierte Hausfrau war. Eine eigene Rollkammer zu haben, war sicher nicht in jedem Haus üblich [WStLA, UKA Bauakte Josefstadt, 3541/1836].

Das Streben von Josefine Wallishausser, das Erbe ihrer beiden Kinder zu vermehren, war unermüdlich. Am 10. Juli 1846 ersucht sie beim Civilgericht um Genehmigung, den in der Mitte der Häuser 48 und 49 liegenden Gartengrund von 320 Klaftern zu verbauen. Es sei ein totes Kapital und bringe den Kindern keinen Ertrag. Der Bauakt ist sehr interessant, ist jedoch für diese Arbeit nur eine Nebensache. Die Baulichkeit erfordert einen Betrag von 64000 fl CM. Die endgültige Bausumme beträgt jedoch 67874 fl 26 xr. Es gibt eine genaue Berechnung des zu erwartenden Ertrages, aber auch die Notwendigkeit eines Darlehens. Es wäre ein Darlehen in der Höhe von 15000 fl CM notwendig. Das Darlehen erhält Josefine von der Capitalien und Rentenversicherungs=Anstalt. Erhalten ist ein Entwurf des Schuldscheines vom 1. Oktober 1847.

Der Bau scheint sehr zügig vorangegangen zu sein, denn am 6. August 1847 bekommt Josefine Wallishausser folgende Genehmigung:
Sammt den Augenscheinsprotokolle aufzubewahren, und wird der Bittstellerin über den vorgenommenen Sanitäts=Augenschein, die Bewilligung ertheilt, das rechts neben der Einfahrt befindliche ebenerdige, aus einem großen Gassengewölbe und Kammer bestehende Lokale Behufs des Ausschankes für die bei diesem Hause beschäftigten Bauarbeitsleute für die Zeit dieses Baues durch den im Hause wohnhaften Weinwirth Nikolaus Ertl sogleich benützen zu lassen.
Im darauf folgenden Jahr, am 6. Mai, wird Josefine Wallishausser der Bewohner Consens für den Zubau erteilt [WStLA, Bauakte F3 ad 1191/1847 u. 48].
 

Am 30. September 1850 muss Josefine Wallishausser die überzogenen Baukosten bewilligen lassen. Sie erscheint beim Bezirksgericht mit dem Mitvormund der Kinder Johann Nepomuk Passy und der Tochter Pauline. Der Sohn Johann Baptist (III) ist zur Zeit in Leipzig zur Ausbildung und gibt seine schriftliche Einwilligung, die sehr berührend ist:
Hiermit lege ich die feste Versicherung in /die Hände meiner Frau Mutter u. einer/ hohen Behörde,: dass es mein u. meiner Schwester/ sehnlichster Wunsch ist u. stets sein wird, es möge/ unsre gute Mutter noch lange über unseren Ver-/mögensantheil mit gleicher Mutterliebe u. Aufopferung/ verwalten, wie sie es bisher gethan, und erkläre/ hiermit, dass ich und meine Schwester vor dem Baue /des neues Hauses im Jahre 1847 um unser Einvernehmen gefragt wurden, und mit größter Dankbarkeit/ einverstanden waren mit einem Werke, wodurch/ sich unsere gute Mutter das schönste Monument/ wahrer Mutterliebe sezte
J.B. Wallishauhser
Leipzig d. 20. August 1850.

Im Jahre 1850 ist der Bau des Verbindungstraktes zwischen den Häusern 48 und 49 fertig und kann bezogen werden. Im Zuge dieser Bauarbeiten wurde auch das Haus 49 neu errichtet. Das Haus 48 hat nun 12 Wohnungen und im Hause 49 sind 23 Wohnungen. Leider sind die Konskriptionsbögen nicht sehr zuverlässig, sie geben aber trotzdem einen vagen Überblick der vorhandenen Situation. Wie in den Konskriptionsbögen zu lesen ist, war Eduard Hügel Mieter im Haus der Wallishausser. Eduard Hügel war auch Angestellter der Wallishausser’schen Buchhandlung, wie aus nachfolgendem Absatz ersichtlich ist:
Der Begründer und Chefredakteur der „Konstitutionellen Vorstadtzeitung“ (später „Österreichische Volkszeitung“) war am 29. Juli 1816 zu Raab geboren und kam 1833 nach Wien, um sich in der Musik, die er zu seinem Lebensberuf machen wollte, auszubilden. Bald jedoch erwachte in ihm das Interesse für literarische Unternehmungen und er trat, von Ebelsberg (dem Herausgeber der „Feierstunden“) empfohlen, in die Wallishaussersche Buchhandlung ein. Dann unternehm er Reisen in größere Städte. 1842 wieder nach Wien zurückgekehrt, erhielt er einen Posten in der Jasperschen Buchhandlung, die er nach dem Tode Jaspers 1847 gemeinsam mit Manz käuflich erwarb. Am 1. April 1855 gründete er mit Julius Seidlitz die „Vorstadtzeitung“, der er bis zu seinem am 13. Dezember 1887 erfolgten Tode angehörte. Hügel hinterließ das Andenken eines charaktervollen, ehrenhaften Journalisten. [Stern, Julius: Journalisten- und Schriftsteller-Verein „Concordia“. 1859–1909. Eine Festschrift. Wien 1909. S. 46]
Hügel war auch Gründungsmitglied der „Concordia“.

Es war natürlich von Vorteil, mehr Wohnungen, die dem neuesten Stand entsprachen, vermieten zu können, dies allein war aber nicht ausschlaggebend für Josefine. Sie dachte auch an die Buchdruckerei, die sich als zu klein und nicht mehr zeitgemäß erwies. Im Zuge des Hausumbaues waren dann im Jahre 1848 in der Officin vier eiserne Handpressen und eine Sigl’sche Schnellpresse in Gebrauch [Mayer: Buchdrucker-Geschichte. S. 209].


Der neu erbaute Mitteltrakt

 

Wiederverehelichung von Josefine Wallishausser

Wie erinnerlich war Josefine Wallishausser zum Zeitpunkt des Todes ihres Gatten 29 Jahre alt. Sie hat sich bewundernswert in ihr umfangreiches Arbeitsgebiet eingearbeitet und ist eine selbstsichere Geschäftsfrau geworden. Im Jahre 1849 hat sie viel erreicht: ein schönes Geschäftslokal am Hohen Markt, eine gut gehende Buchhandlung und eine zeitgemäss umgebaute Buchdruckerei, ein vergrößertes und modernisiertes Gebäude. Auch die Kinder sind erwachsen. Die Tochter ist 20, der Sohn 19 Jahre. Johann Baptist (III) befindet sich noch in Leipzig. Nun ist es Zeit auch etwas an sich zu denken. Mit 47 Jahren heiratet sie den ihr schon durch Jahrzehnte freundschaftlich verbundenen Johann Nepomuk Neuwirth, k. k. Polizei Obercommissär. Es gab jedoch einige Schwierigkeiten. Sie musste bei dem Merkantil-u. Wechselgericht ansuchen, um die Buchhandlung und die Buchdruckerei bis zur Großjährigkeit ihres Sohnes fortführen zu dürfen und klarstellen, dass ihr Gatte sich in keiner Weise in die Geschäftsführung einmische.
Mit obervormundschaftlicher Bewilligung heiratet am 30. Oktober 1851 Josefas Tochter Pauline Herrn Franz X. Sonnleithner, Bezirksgericht=Adjunkt, aus der durch etliche Jahrzehnte schon bekannten Familie Sonnleithner. Ein Jahr später, am 26. Oktober 1852, wird Josefines einziges Enkelkind Hermine Anna Josefa geboren. Am Dienstag dem 8. Februar 1853 müssen wir in der Wiener Theaterzeitung den Nachruf auf Frau Pauline Sonnleithner, geborene Wallishausser, lesen, die sich in Folge der Pflege ihres kranken Kindes durch eine Verkühlung den Tod holte. Sie ist nur 23 Jahre alt geworden.

Hier eine Unterschrift aus dem Jahr 1852, „nun verehelichte Neuwirth“, „Buchdruckerei Besitzerin“.

 

Verhältnisse des Zwischenbuchhandels um die Jahrhundertmitte

Leipziger Kommissionär: Wilhelm Engelmann
Der Leipziger Kommissionär der Wallishausserschen Buchhandlung war um die Jahrhundertmitte Wilhelm Engelmann (bei dieser Firma leistete Joh. Bapt. Wallishausser III. sein Volontariat) [Das Memorandum der Leipziger Kommissionäre von 1846. Herausgegeben und eingeleitet von Thomas Keiderling. Mit einem Geleitwort von Brockhaus Kommissionsgeschäft. Kornwestheim bei Stuttgart: Brockhaus Kommissionsgeschäft, 1999. S. 41. Nr. 37, 11. September 1843, S. 299]. Dieser betreute weitere 49 Kommittenten, davon aus Wien neben Wallishausser nur noch Fr. Grottendiek. Grundsätzlich beauftragte so gut wie jeder Sortiments-Buchhändler oder Verlag in Deutschland oder Österreich (als „Kommittent“) in Leipzig einen Kommissionär (Zwischenbuchhändler) mit der Auslieferung seiner Bücher.

Wien wird Kommissionsplatz
Daneben erhoben sich Stimmen, dass neben Leipzig auch Wien Stapelplatz werden sollte. Der junge Unternehmer Moritz Friedrich Jasper, damals Chef von Josef Klemm, dem späteren Prinzipal der Wallishausserschen Buchhandlung, forderte 1843 in der „Süddeutschen Buchhändler-Zeitung“ einen modernen Kommissionsplatz für Wien. Alle österreichischen Buchhandlungen sollten dahingehend übereinkommen, Auslieferungslager zu eröffnen, franko Wien zu liefern und die Bestellungen sowie Auslieferungen vom Wiener Lager durch einen Kommissionär anzuordnen. Seine Vorstellungen waren 1846 weitgehend realisiert [Das Memorandum der Leipziger Kommissionäre von 1846. Herausgegeben und eingeleitet von Thomas Keiderling. Mit einem Geleitwort von Brockhaus Kommissionsgeschäft. Kornwestheim bei Stuttgart: Brockhaus Kommissionsgeschäft, 1999. S. 20]. Die erste gemeinschaftliche Abrechnung der Wiener Kommissionäre fand erst 1855 statt (nachdem diese in Leipzig bereits seit 1836 üblich war). In etwas späterer Zeit war auch Josef Klemm, der diese Entwicklung ab incunabulis verfolgt hatte, Kommissionär für ausländische Kommittenten.

Zensur

Am 17. April 1850 nachmittags wurden im Auftrage des Civil- und Militär-Gouverneurs, Baron von Welden, in sämmtlichen Buchhandlungen Wiens Revisionen vorgenommen und viele schädliche, die Religionsbegriffe verwirrende Bücher von seiten der Stadthauptmannschaft mit Beschlag belegt. In dem Artikel werden etliche religiöse Bücher angeführt, und beinahe in allen Buchhandlungen wurden solche Bücher als Commissionsartikel gefunden [Wiener Theaterzeitung vom 19.4.1850, S. 374].

 

Kehren wir nun wieder zu den geschäftlichen Abläufen der Buchhandlung zurück. Herr Ferdinand Ludwig Scheurer war ein der Familie Wallishausser treu ergebener Geschäftsführer.

Bei den vielen bei Wallishausser erschienenen Büchern dürfen wir ein Buch über eine neue Methode des Abhorchens nicht übersehen, die sicher bei jedem von uns schon einmal angewandt wurde:

Auch im Notendruck versuchte sich Wallishausser. Das bekannte Gesangsbuch für Gymnasialschulen „Hymni Sacri“ von Josepho Ferdinando Kloss erschien 1854 im Verlag und war über Jahrzehnte im Repertoir des Verlages.

Korrespondenz

Sehr umfangreich ist die uns erhaltene Korrespondenz dieser Ära nicht. Im September 1835 schreibt Herr Saphir an Wallishausser wegen Druckes seiner Reisebeschreibung aus Italien, dieses Projekt scheint aber nicht zu Stande gekommen zu sein. Erhalten ist ein Schreiben an Herrn v. Feldmann von 1851 über seine Arbeit „Deutsche Original Lustspiele“, die 1852 bei Wallishausser erschienen ist. Danach tritt schon Klemm als Verfasser der Schreiben der Wallishausserschen Buchhandlung in Erscheinung. Wir haben eine Absage an Dr. Wurzbach, betreffend die „Geschichte der polnischen Literatur“ aus dem Jahre 1852 und in einem Brief vom 25. September 1854 an Dr. J. G. Seidl geht es um „Schiller’s Manen“. Hier zeigt sich schon das In-den-Vordergrund-Drängen Joseph Klemms und die systematische Zurückstellung von Josefine Wallishausser. Die Loyalität Klemms gegenüber Wallishausser ist nicht mehr in dem Maße vorhanden wie noch bei Friedrich Scheurer.

Gesellschaft der Musikfreunde

Die nun schon über Jahrzehnte gehende Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Musikfreunde wird auch unter Josefine Wallishausser fortgesetzt. Sie war Mitglied zuerst unter dem Namen „Wallishausser. Josepha, k.k. Hoftheater=Buchdruckerei=Besitzerin“, später unter „Herr Neuwirth Joh k.k. Polizei Oberkommissär, Frau Neuwirth Josefa, dessen Gattin“.

Am 13. Jänner 1852 ergeht ein Schreiben an das Merkantil- und Wechselgericht, mit der Mitteilung, der Geschäftsführer Hr. Scheurer sei verstorben und es kommt zu einer Änderung in der Geschäftsführung. Es wird ersucht, die Protokollierung der Prokura zu löschen. Von nun an ist nur Josefine Wallishausser verehel. Neuwirth allein zeichnungsberechtigt. Dieses Schreiben wurde schon von Josef Klemm verfasst wurde. Kurz danach schreibt Josefine Wallishausser wieder an das Handelsgericht:

Ich habe die Geschäfts=Leitung meiner Buchhandlung Herrn Josef Klemm, welcher seit 1835 im Buchhandel arbeitet, übertragen, und darüber durch den löbl. Wiener Magistrat bereits Anzeige an die Hohe k.k. Staathalterey veranlasst. Per procura ertheile ich Herrn J. Klemm nicht, sondern behalte mir vor selbst zu firmiren.
2. Unterschriften
[WStLA, Merkantil-Akt-Prof. IV. Lit WN 177 Fz 3]

Von dem Magistrate der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien ergeht am 2. Juny 1855 ein Schreiben an das Handelsgericht, in dem mitgeteilt wird, dass Josefine Wallishausser verehelichte Neuwirth, Buchdruckerey Inhaberin aus dem Merkantil Protokoll gestrichen wurde und die Befugnis an ihren Sohne Johann Baptist übergegangen ist. Die Buchhandlungsbefugnis bleibe jedoch noch aufrecht.
Mit Kaufvertrag vom 30. Mai 1856 verkauft Josefine Wallishausser ihre Buchhandlung um 6780 fr CM an ihren letzten Geschäftsführer Josef Klemm. Kurze Zeit später, am 14. Juni 1856, ergeht an das k.k. n.ö. hochlöbliche Handels-Gericht folgendes Schreiben:
Ich habe die Verlags und Waaren-Vorräthe der Buchhandlung J. B. Wallishausser’s seel. Wittwe in Wien, an Josef Klemm verkauft und bin als seitherige (sic!) Eigenthümerin der Buchhandlung J. B. Wallishausser’s seel. Wittwe nicht nur einverstanden, dass die Billanz dieser Buchhandlung untersucht werde, vielmehr ich bitte: Ein hochlöbliches k.k.n.ö.Handelsgericht um Vornahme der Billanz Prüfung.
Josefine Wallishausser nun verehlichte Neuwirth
seither Besitzerin der Buchhandlung Joh. B. Wallishauhser seel. Witwe aus Wien derzeit in Venedig
Venedig den 14. Juni 1856.

 

Obwohl die Bilanz von Josef Klemm unterfertigt wurde, betrifft sie noch die Ära von Josefine Wallishausser.

Bilanz der J. B. Wallishausser´schen Buchhandlung

1856
-
 -
fol
f
xr
1856
-
 -
fol
f
xr
Jän
1.
Au Conti der Wiener Buchhändler
21
1434
30
Jän
1.
Pr. Cassa Conto
22
1968
28
-
-
" do. der Provinzial Buchhändler
21
180
21
-
-
" Conti der Wiener Buchhändler
21
120
18
-
-
" do. der Ausländis. Buchhändler
21
5864
45
-
-
" do der Provinzial Buchhändler
21
2212
36
-
-
" do. der Buchdruckerei
21
1355
36
-
-
" do. der Ausländis. Buchhändler
21
1020
18
-
-
" Avance der Handlung
23820
30
-
-
" do. der Privaten
21
6472
41
-
-
 -
-
-
 -
-
-
" General Waaren Conto f 60784 3.
-
 -
-
-
 -
-
-
 -
-
-
davon ab 66 2/3% " 40522 42.
23
20261
21
-
-
 -
-
-
 -
-
-
Mobilien-Conto
24
600
--
-
-
Soll
32655
42
-
-
Soll
32655
42
 
  -
 
 
Avance der Handlung, alleiniges Eigenthum des Josef Klemm, laut Kaufkontract
23820
30
Nach genommener Einsicht des gesammten Waarenlagers und der Handlungsbücher bestättigen wir die Richtigkeit in obiger Bilanz angeführter Posten.
Wien den 8 July 1856.
Alexander Ludwig Mayer mp.
beeideter Inventur- und Bücherschätzungs-Commissär d. k. k. n. ö. Handelsgerichtes
Jacob Bader mp
beeideter Inventur und Bücherschätzungs-Commissär d. k. k. n. ö. Handelsgerichtes

[WStLA, Merkantil Protokoll 1850–63, Klemm Josef, Bd. 9/Fol. 2/2 R.Nr. 137]

Mit einem Schreiben vom 29. September 1856 wird auch die Buchhandlungsbefugnis von Josefine Wallishausser gelöscht und an Herrn Josef Klemm überschrieben. Nach dieser letzten geschäftlichen Transaktion hat sich Josefine Wallishausser aus dem Geschäftsleben zurückgezogen. Wieviel Plage und Mühe die Wallishausser auch in den Aufbau der Buchhandlung investiert haben, ihre Zeit ist nun vorbei. Geblieben ist nur der Firmenname, der sich noch über 100 Jahre erhalten sollte. Warum Josefine die Buchhandlung nicht an ihren Sohn übergab oder verkaufte, ist nicht bekannt, es ist jedoch anzunehmen, dass Joh. Bapt. (III.) die Situation nicht richtig einschätzte und kein Animo zur Führung der Buchhandlung und des Verlages, sondern nur ein Interesse an der Buchdruckerei hatte. Josefine ist nun 54 Jahre alt, hat ein sehr erfolgreiches, nicht immer einfaches Leben hinter sich. Die Buchdruckerei wurde unter ihrer Ägide ausgebaut, modernisiert und druckte viele geschmackvolle und korrekt verlegte Werke. Sie kann auf ein erfülltes Leben zurückblicken. Privat hatte sie nicht soviel Glück und musste viele prägende Schicksalsschläge hinnehmen.
Korrekt, wie Josefine war, hat sie sich nach der Neueröffnung des Wr. Zentralfriedhofes eine Gruft gekauft und ließ ihre Mutter und Tochter umbetten. Nach ihrem Tode am 22. 2. 1880 wurde sie bei den ihr wichtigsten Menschen beigesetzt.